Was ist eigentlich aus Fjodor geworden? – Bloggespräch mit Pal H. Christiansen und Felix Janosa

Als ich Pål H. Christiansen 2007 kennenlernte, wurde in Norwegen gerade der 2. Band seiner Kinderbuchreihe über den frechen Fisch Fjodor veröffentlicht. Drei Jahre später brachte ich die weiter wachsende Reihe dem deutschen Verlag Terzio nahe, der sich zunächst enthusiastisch an eine Version mit Musik nach dem Vorbild des legendären Ritter Rost machte. Dafür wurden die norwegischen Geschichten leicht gekürzt und des Ritters Komponist Felix Janosa höchstselbst steuerte die Lieder dazu bei. 

Die deutschen Fjodorbücher
Die deutschen Fjodorbücher

Was in uns allen dreien (Pål, Felix und mir) große Hoffnungen weckte, blieb bald stecken und wurde schließlich komplett aufgegeben, nachdem die Reihe an Carlsen verkauft wurde. So wurden in Deutschland nur die ersten drei der fünf in Norwegen publizierten Bände veröffentlicht. Pål und Felix haben das Projekt jedoch nicht aufgegeben…

Da Fjodor immer noch eines meiner Herzensprojekte ist, habe ich Pål und Felix zu einem Bloggespräch gebeten, in dem wir uns über den bisherigen Weg des frechen Fischs unterhalten und wie es mit ihm weitergehen soll. Danke, dass Ihr beiden Euch dazu bereit erklärt habt!

Wie habt Ihr reagiert, als Carlsen das Aus für Fjodor erklärt hat?

Pål H. Christiansen

Naja, das war keine Überraschung. Es wurde ziemlich schnell klar, dass Carlsen vor allem an Ritter Rost interessiert war, als sie Terzio gekauft haben. Zuerst dachte ich, das würde eine große Gelegenheit für den frechen Fisch in Deutschland, aber es passierte nichts mehr, nachdem Carlsen übernommen hatte und das dritte Buch veröffentlicht war.

Die große Enttäuschung kam, als ich begriff, dass die tolle Arbeit, die Felix und das Terzio-Team in mein Fjodor-Universum gesteckt hatten, kein größeres Publikum erreichen würde. Denn es war keiner da, der sich darum kümmerte.

Ich bin sehr froh über die drei erschienenen Musical-Bücher. Sie sind von hoher Qualität und das haben auch die Rezensionen bestätigt. Es passierten dann noch einige Dinge in Deutschland, zum Beispiel führte Sven Stäcker ein wunderschönes Puppentheater am Landestheater Schleswig-Holstein auf und es gab einige Aufführungen der Musicalversion.

Felix Janosa mit der Fjodorpuppe und Till Demtröder als Pappa
Felix Janosa mit der Fjodorpuppe und Till Demtröder als Pappa

Felix hatte ebenfalls einige Auftritte mit der Fjodorpuppe, eine sogar mit Till Demtröder, der deutschen Stimme von Fjodor, in Hamburg. Einige der Fjodorlieder liefen auch im deutschen Radio. Aber zuletzt lag Fjodor in künstlicher Beatmung und wir warteten nur darauf, dass Carlsen den armen Fisch gehen lässt.

Felix Janosa

Das Problem, war auch, dass man im Verlag glaubte, auch dieser eher ruhige Stoff ließe sich in der bewährten Ritter Rost-Machart umsetzen. Aber es gab ja bei Fjodor nicht wie beim Ritter Rost durchgeknallte Commedia Dell-Arte-Figuren, die aus Versehen ins 20.Jahrhundert gefallen waren.

Und so beschränkte ich mich nicht nur aus Etat- sondern auch aus erzählerischen Gründen auf einen einzigen Sänger, der die Geschichte von Palles Familie und dem frechen Fisch liedhaft begleitete. Also ein eher künstlerisch als kommerziell ausgerichtetes Projekt.

Pål H. Christiansen

Aber du warst ja diejenige, die Fjodor and Terzio vermittelt hat, Annette, und du bist Ritter-Rost-Fan. Was denkst du darüber, was da passiert ist?

Ich war auch sehr enttäuscht, ich bin es immer noch. Und wie schon zu Anfang gesagt ist Fjodor schon immer ein Herzensprojekt von mir gewesen. Ich bin begeistert von Felix’ Liedern. Deshalb war es schwer für mich zu verstehen, wie so ein liebevolles Universum rein auf seine finanziellen Aspekte reduziert werden konnte. Ich hab erlebt, wie Kinder auf Ritter Rost reagieren und ich hatte gehofft, Fjodor könnte auch so ein Freund für sie werden.

Felix Janosa

Ich glaube, der wichtigste Aspekt – neben den schon erwähnten Gründen – ist der, dass Terzio dieses Produkt in einer Zeit der eigenen Umstrukturierung herausbrachte und nicht lang genug über Form und Aussehen der Musicalbücher gebrütet hatte. Als das Produkt dann fertig war, gefiel der visuelle Teil dann selbst den Leuten bei Terzio nicht mehr zu hundert Prozent.

Ja, die ursprünglichen Illustrationen von Fjodor waren in meinen Augen von Anfang an ein Problem. Man konnte sehen, dass die Illustratorin nichts für die Figuren empfand. Fjodor sieht da eher aus wie ein Monster und das ist ja nun wirklich nicht Sinn der Geschichte. Und es waren eben nicht so viele wie bei Ritter Rost. Zum Glück gibt es jetzt die neuen Illustrationen von Morten N. Pedersen. Er hat das so toll gemacht, man kann richtig sehen, wie ihm die Figuren ans Herz gewachsen sind. Aber mit ihm bestand der Kontakt noch gar nicht, als Fjodor zu Terzio kam, oder, Pål?

Pål H. Christiansen

In der Tat wollte Terzio, dass die ursprüngliche Illustratorin mehr Bilder für die deutschen Bücher liefern sollte, aber sie konnten dafür nicht viel zahlen. Also mussten sie am Ende mit dem arbeiten, was bereits vorhanden war. Das war natürlich schade.

Meine Verbindung mit Morten N. Pedersen begann schon Anfang 2009, also bevor die ersten beiden Fjodorbücher in Deutschland veröffentlicht wurden. Ich hab ihn durch den Filmemacher Knut Jorfald kennengelernt, der aus Fjodor einen Cartoon machen wollte. Morten ist sowohl Animator als auch Autor/Illustrator von Kinderbüchern. Wir haben eine weile an dem Projekt zusammengearbeitet und versucht, Geld dafür aufzutreiben. Leider hatten wir damit keinen erfolg, aber Morten machte eine kleine Animation von Fjodor in action.

Später, in 2009, bezog ich Morten in meine Idee ein, die zum Mons und Mona Konzept wurde, das wir zusammen entwickelt haben. Morten und ich arbeiten sehr gut zusammen und ich war sehr froh, als mein Verlag Cappelen Damm ihn fragte, ob er Fjodor neu illustrieren könnte, als “Sommeren med Fjodor” entstand. Das ist eine Sammlung von allen fünf norwegischen Fjodor-Geschichten mit einer neueren Rahmenhandlung, die noch nie zuvor publiziert worden war.

Buchcover Sommeren med Fjodor

Felix, ich erinnere mich, dass wir auch mal über die Idee gesprochen hatten, Fjodor in Deutschland als Cartoon zu veröffentlichen. Nachdem es bereits einige Ritter-Rost-Filme gegeben hat: Wie sehen Deine Erfahrungen damit aus und was glaubst du, wie sich Fjodor auf dem Bildschirm machen würde?

Felix Janosa

Oh, können wir über etwas anderes reden? Nein, im Ernst: Ich habe im Fall “Ritter Rost” gemeinsam mit Jörg Hilbert erlebt, wie eine visuelle Umsetzung für TV und Kino eine komplette Stammkundschaft vor den Kopf schlagen kann und bin deswegen auf “kommerzielle TV-Verwertung” nicht so gut zu sprechen. Allerdings käme es noch mal auf einen Versuch an mit der “Sendung mit der Maus” im WDR zu verhandeln, die ja nicht diesen primär finanziellen Aspekten unterliegen, sagt man, glaubt man, hofft man.

Oh ja, die Clips vom Ritter Rost bei der Maus waren genau so, wie man das von den Büchern her erwartet hätte. Dort habe ich via Paolo mit dem Pizzablitz zum ersten Mal vom Ritter gehört. Das wäre bestimmt ein toller Einstieg für Fjodor! Aber auch so hat sich aus Felix’ Musik ja noch was Neues entwickelt. Nur eben nicht in Deutschland, sondern in Norwegen. Magst du davon erzählen, Pål?

Pål H. Christiansen

Ja, der Plan lautet, Felix’ Fjodormusik nach Norwegen zu importieren und inzwischen läuft das gut an. Zuerst haben wir einige der Lieder in einem Theaterstück für Kinder “Fjodor flytter inn” (Fjodor zieht ein) von Ola G. Strømme verwendet, das vor etwa einem Jahr Premiere hatte. Darin spielten zwei Schauspieler und eine Fjodorpuppe und es war sehr lustig:

Schnappschuss aus Fjodor flytter inn
Schnappschuss aus Fjodor flytter inn

Als Zweites wurden alle fünf ursprünglichen Fjodorbücher als Audiobooks mit Felix’ Introsong und fünf verschiedenen von den anderen Liedern auf Norwegisch veröffentlicht:

Espen Beranek Holm, der in Norwegen als Musiker, Comedian. Schauspieler und früherer Popstar sehr berühmt ist, hat die ganze Produktion eingelesen und zu Felix’ Musik gesungen. Ich finde, Espen hat das großartig gemacht.

Espen Beranek Holm mit den Fjodorbüchern im Studio
Espen Beranek Holm mit den Fjodorbüchern im Studio

Ich hoffe, du freust dich genauso wie ich über das Ergebnis, Felix? Das Ganze hat mich so inspiriert, dass ich angefangen habe, alle restlichen Lieder auch noch ins Norwegische zu übersetzen. Ich hoffe, wir können im kommenden Jahr noch mehr mit deiner Musik hier oben machen.

Felix Janosa

Espen hat das in der Tat großartig gemacht – und ganz zu seinem eigenen Ding. Er hat einen tollen Ausdruck, so viel kann ich zumindest sagen, weil ich natürlich kein Wort Norwegisch spreche.

Und dass Du auch noch die restlichen Lieder ins Norwegische übersetzen möchtest – großartig!

Pål H. Christiansen

Ich werde mein Bestes tun, aber ich muss mich dabei auf meine Deutschkenntnisse aus dem Osloer Handelsgymnasium verlassen müssen.

Musst du nicht, ich bin ja auch noch da. 😉

Dann bin ich ja beruhigt, dass Eure Zusammenarbeit nicht auch versandet ist, sondern weiter Früchte trägt! Alles andere wäre auch zu schade für den kessen Fjodor! Ich bin schon gespannt, was Ihr noch alles auf die Beine stellen werdet!

Ich hab übrigens mein bisschen Norwegisch mit dem Lesen der Fjodorbücher gelernt, Felix. 😉

Danke Euch beiden für dieses Gespräch und ha det, wie der Norweger sagt. 😉

Weiterführende Links

Über meine Gesprächspartner:

Pål H. Christiansen

Pål H. Christiansen ist ein norwegischer Schriftsteller, Journalist und Verleger. Er hat mehrere Kinderbücher verfasst und einige Romane für Erwachsene. In Deutschland erschienen: Fjodor flippt aus, Fjodor im freien Fall, Fjodor und der große Knall, Die Ordnung der Worte, Hummel & Honig. – www.phc.no

Felix janosa

Felix Janosa ist Komponist, Pianist und Kabarettist. Seine bekanntesten Kompositionen sind die zahlreichen Lieder für die Ritter-Rost-Musical-Reihe, daneben schreibt er auch Musicals, Opern und Orchesterstücke für “Größere”. – www.janosa.de

Titel-Illustration: Morten N. Pedersen

Disclaimer: Ich wurde für diesen Artikel nicht bezahlt und wurde weder vom Autor noch vom Verlag oder sonst jemandem dazu aufgefordert, ihn zu veröffentlichen. Wenn ich hier im Blog etwas empfehle, dann weil ich eine Geschichte dazu zu erzählen habe. Pål und ich arbeiten seit 2007 auf unentgeltlicher Basis zusammen. Ich veröffentliche grundsätzlich keine bezahlten Beiträge.


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