„Lasst uns nicht mehr über Social Media reden“ – PR-Doktor Kerstin Hoffmann im Interview zu #meinweginsweb

Als erste Frau in meiner Interviewreihe beantwortet heute PR-Doktor Kerstin Hoffmann meine Fragen darüber, wie sie ihren Weg ins Web gefunden hat und wie sie die aktuellen Entwicklungen im digitalen Wandel betrachtet. Kerstin und ich folgen einander schon ziemlich lange und tauschen uns – nicht nur über Fachliches – immer wieder gern aus. Aber lassen wir sie selbst zu Wort kommen:

Kerstin Hoffmann

Bitte stelle Dich kurz vor (Name, Ort, Tätigkeit, Website, Facebook, Twitter, Google+, drei Hashtags)

Ich heiße Kerstin Hoffmann. Mein Büro befindet sich in der Nähe von Düsseldorf, aber ich bin beruflich ziemlich viel in Deutschland unterwegs – bei Kunden, zu Workshops und Vorträgen. Ich berate Unternehmen, Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Kommunikations-, Digital- und Contentstrategien. Mein Kernthema ist die Unternehmenskommunikation im digitalen Wandel. Darüber schreibe ich auch Bücher. Das nächste erscheint im kommenden Frühjahr im Haufe Verlag

Seit wann bist Du online unterwegs?

Seit den 1990-er Jahren. Wann genau, weiß ich nicht mehr. Aber da ich mein erstes Mobiltelefon bereits ganz zu Anfang der 90-er hatte, kann das eigentlich nicht so viel später gewesen sein.

Wann hast Du angefangen zu bloggen?

Erste Vorstufen gab es schon vor der Jahrtausendwende. Richtig eingestiegen bin ich 2007. Das hing aber vor allem damit zusammen, dass ich mich in jenem Jahr nach fast sechs Jahren Festanstellung wieder selbstständig gemacht hatte und dann eben auch meine eigenen Plattformen ausgebaut habe.

Wann bist Du dem ersten sozialen Netzwerk beigetreten?

Das ist eine Definitionsfrage. Ich denke, mein erstes soziales Netzwerk war die Journalistencommunity „jonet“, das war schon vor der Jahrtausendwende. Ich war zu dieser Zeit in Foren unterwegs und in mehreren Mailinglisten aktiv, unter anderem auch in dem grandiosen Netzwerk „Texttreff“, dem ich bis heute angehöre. Twitter und Facebook bin ich wohl 2008 beigetreten.

Wie bist Du dazu gekommen?

Ach, ich bin da so hereingerutscht. Du weißt schon: die falschen Freunde und so. 😉 Nein, mal im Ernst. Das ist wirklich gar nicht primär mein eigenes Verdienst. Ich habe bis ungefähr 2000 fast ausschließlich als Journalistin gearbeitet und war schon in den 90-ern über das jonet eng vernetzt mit den Vorreitern der digitalen Kommunikation in Deutschland; mit den Leuten, die Spiegel online oder Zeit online aufgebaut haben – damals, als wir ja sonst noch nichts hatten in diesem Internet. Die haben alle sehr früh gebloggt und alles Neue im digitalen Bereich ausprobiert. Das war in meinem Umfeld ganz normal. Hinzu kommt eine große persönliche Neugier im technischen Bereich, und die Möglichkeiten, Kommunikation und Vernetzung auf ganz unterschiedlichen Wegen zu betreiben, faszinieren mich einfach.

Gab es Menschen, die Dich persönlich oder durch Ihre Veröffentlichungen bei Deinem Einstieg ins Social Web begleitet haben?

Ja, auf jeden Fall Jochen Wegner, der das jonet über viele Jahre mit aufgebaut und getragen hat. Lorenz Lorenz-Meyer. Thomas Pleil. Dann natürlich Klaus Eck, der Vater des deutschen PR-Bloggens. (Das klingt jetzt sehr alt, oder? Höhö. Tatsächlich war er einfach sehr früh dran. Klaus ist nur ein oder zwei Jahre älter als ich. ) International vielleicht Brian Solis, um nur ein Beispiel zu nennen. Dann natürlich Kristina Halvorson, von der sich sehr früh sehr viel über Contentstrategien erfahren habe.  Kathrin Passig halte ich für eine derjenigen, die in Deutschland den größten Durchblick in Sachen Technik und Internet haben. Darüber hinaus schätze ich sie persönlich wirklich sehr.

Wie hat sich Dein Weg in Sachen digitale Kommunikation dann bis heute weiterentwickelt (nenne die wichtigsten Meilensteine)?

Ich habe ganz klassisch im Journalismus angefangen und dann, nachdem ich umgestiegen war in den PR-Bereich, hat sich meine eigene Digitalisierung mit den sich entwickelnden Möglichkeiten und Rahmenbedingungen ebenfalls entwickelt. Heute befinden wir uns mitten in einem dramatischen digitalen Wandel. Da muss jemand, der Unternehmenskommunikation macht, mindestens mitschwimmen, besser: immer einen kleinen Wissensvorsprung haben. Da ich das, was ich selbst herausfinde, erforsche und ausprobiere, immer gleich mit meinen Bloglesern teile, ist der Ansporn groß, auch weiter dranzubleiben. Das ist zugleich auch sowas wie meine Mission: Bewusstsein schaffen, aufrütteln, zeigen, dass sich etwas ändern muss. Die deutsche Wirtschaft ist gerade dabei, so richtig den Bach hinunterzugehen, weil so viele sich der längst überfälligen Transformation verweigern. Irgendwie bin ich da wieder in einer peer group gelandet, die sich das zum Thema gemacht hat. Entsprechend werde ich natürlich für Vorträge und Beratung in diesem Bereich gebucht, und das führt wiederum dazu, dass ich noch mehr über solche Themen nachdenke und mich auch selbst immer weiterentwickeln muss. Das geht gar nicht anders.

Gibt es Fehler, die Du auf Deinem Weg gemacht hast und wie können andere diese vermeiden?

Ach, naja, Fehler… Ich glaube, man muss, wenn man irgendetwas mit Begeisterung und zu hundert Prozent betreibt, wenn man sich traut, auch einmal Dinge auszuprobieren, von vornherein akzeptieren, dass man Fehler machen wird. Wenn ich meine ersten Tweets lese, dann denke ich: Wie peinlich! Was habe ich mir bei solchen Belanglosigkeiten nur gedacht?

Was ich mich aber sicherlich erst sehr in den letzten Jahren getraut habe, ist, mich auch persönlich zu zeigen und im (digitalen) Netzwerken über das Fachliche hinaus etwas von mir preiszugeben. Ich habe mir gedacht: Was interessiert es jemanden, der einen fachlichen Bezug zu mir hat, ob ich zwanzig Kilometer laufe oder welche Bücher ich privat gerne lese?

Aber tatsächlich tauschen wir uns ja mit anderen Menschen aus, und erst das ganze Bild macht die Persönlichkeit rund. Ich habe dann festgestellt, dass sich der Austausch mit anderen auf der menschlichen Ebene vertieft hat, und ich war nachgerade erstaunt, dass sich Andere für meinen persönlichen Kram interessiert und ihrerseits auch etwas von sich gezeigt haben. Das macht einfach das Leben schöner, bunter und die Kontakte herzlicher. Andererseits muss man eben akzeptieren, dass man, wie im richtigen Leben, es nicht immer allen recht machen kann. Wenn es dem einen schon zu sehr menschelt, ist es dem anderen immer noch zu blass. Andererseits muss man schon ein bisschen austarieren: Was kann und will ich anderen zumuten? Wo wird es zu beliebig, zu langatmig, zu ausschweifend? Wo leidet irgendwann die fachliche Qualität? Das gilt besonders dann, wenn – wie bei mir – im öffentlichen Auftreten und in den Netzwerken, in denen ich mich bewege, das Berufliche im Vordergrund steht. Es gab da bei mir in letzter Zeit einige Exzesse mit Häkeleulen und Quietsche-Entchen … aber darüber möchte ich eigentlich nicht sprechen. 😉

Ich möchte keinem raten, wie er meine Fehler vermeiden soll, sondern möchte eher andere ermutigen, ihre eigenen Fehler zu machen und daraus zu lernen. Wobei: Zur professionellen Unternehmenskommunikation gehören auch im digitalen Bereich sowohl Überlegung als auch Fachwissen und Erfahrung. Da sollte man keine halben Sachen machen. Aber um sich das selbst klarzumachen, muss man einfach nur den gesunden Menschenverstand eingeschaltet lassen, wenn man das Medium wechselt.

Welche Wege empfiehlst Du Einsteigern oder denen, die sich in Sachen digitale Kommunikation fortbilden wollen?

Genau das: sich fortzubilden. Lesen, recherchieren, sich mit anderen austauschen, die in einer ähnlichen Situation sind. Sich Sparringspartner suchen. Die Möglichkeiten der sozialen Netzwerke und des Internets nutzen, um herauszufinden, wo hilfreiches Wissen zur Verfügung steht. Wie im richtigen Leben: Werkzeuge erst benutzen, wenn man sich die Bedienungsanleitung durchgelesen hat und eine Vorstellung davon hat, was man auslöst. Erst zuhören, dann selbst reden. Sich trauen, etwas auszuprobieren, aber bitte dort, wo man nicht gleich maximalen Schaden anrichtet, etwa für ein Unternehmen oder eine Personenmarke. Schrittweise vorgehen: sich ein Angebot aussuchen und dann sukzessive die Fühler weiter ausstrecken.

Welches ist Dein bevorzugtes soziales Netzwerk und warum?

Definitiv zur Zeit immer noch Facebook. Das kommt der Vielfalt des richtigen Lebens am nächsten, und da sind fast alle Leute, mit denen ich beruflich zu tun habe, ebenfalls unterwegs. Jedenfalls die aus meiner peer group. Die Kunden oft noch nicht so, aber das muss ja nicht unbedingt von Nachteil sein. (Ich sage nur: Häkeleulen …)

Welche aktuellen Entwicklungen in der digitalen Kommunikation findest Du besonders spannend?

Ich frage mich, durchaus nicht nur mit Spannung sondern auch mit einer gewissen Anspannung, ob es der deutsche Mittelstand noch schafft, das Ruder herumzureißen, oder ob wir uns selbst von einer einstmals führenden Technologienation zu einem Entwicklungsland herunterstufen.

Gibt es noch etwas, das Du den Lesern zum Thema Social Web oder digitale Kommunikation allgemein mitgeben möchtest?

Lasst uns nicht mehr über Social Media reden! Jedenfalls nicht so, als wären diese das eigentliche Thema. Im digitalen Wandel, in dem wir derzeit stecken, haben wir alle uns schon in einer Weise gewandelt, dass es um ganz andere Dinge geht als um ein bisschen Facebook oder Twitter.

Vielen Dank für Deine Antworten, Kerstin! 🙂

In der nächsten Woche wird Marie-Christine Schindler die Fragen dieser Interviewreihe beantworten. Alle Interviews dieser Reihe können nachgelesen werden unter
http://www.annetteschwindt.de/tag/meinweginsweb/.


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3 Antworten auf „„Lasst uns nicht mehr über Social Media reden“ – PR-Doktor Kerstin Hoffmann im Interview zu #meinweginsweb“

Die Welt verändert sich im Moment sehr stark durch das Internet. Für mich die besten Lehrer finde ich auf Youtube und Internetkanälen. Über Skype lassen sich schnell Kontakte herstellen. Im Moment suche ich noch eine Person die mir einen Text vom Slowakischen ins Englische übersetzt….

schöne Grüße aus dem Emsland

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