„Ja nicht stehenbleiben!“ – Interview mit Anett Gläsel-Maslov zu #meinweginsweb

Eine liebe Kollegin, mit der sich meine virtuellen Wege immer wieder kreuzen, gibt uns heute Einblick in ihren Online-Werdegang. Wir folgen uns auf allen möglichen Kanälen, sind uns aber bislang noch nicht persönlich begegnet. Kommt aber sicher noch. 😉 Inzwischen erfahren wir hier, wieso Facebook Anett Gläsel-Maslovs liebstes Netzwerk ist, warum es sich lohnt, über den Tellerrand zu schauen und dass sie auch künftig Menschen die Angst vor der Technik nehmen möchte.

Anett Gläsel-Maslov

Bitte stelle Dich kurz vor (Name, Ort, Tätigkeit, Website, Facebook, Twitter, Google+, drei Hashtags)

Seit wann bist Du online unterwegs, wann hast Du angefangen zu bloggen und wann bist Du dem ersten sozialen Netzwerk beigetreten? Wie bist Du dazu gekommen?

Angefangen hat alles als ich ca. 12 Jahre alt war. Meine Eltern überraschten meinen kleinen Bruder und mich damit, dass sie eines Tages ein ziemlich großes Paket nach Hause brachten und uns unseren ersten PC aufbauten. Ganz ehrlich, wir waren alle völlig hin und weg. Meinen Bruder und mich brachten meine Eltern nur sehr schwer wieder von dem Ding weg. Über Wochen hinweg spielten wir „Prince of Persia“, „Solitär“ und „Tetris“. Ich kann mich sogar erinnern, dass meine Mutter unter erheblichem Schlafdefizit litt, weil sie nachts meinen Tetris-Rekord zu brechen versuchte.

Nach einigen Wochen erschien es meinen Eltern wohl notwendig unsere Motivation in die richtigen Bahnen zu lenken. Nach einem Schreibmaschinekurs konnte ich also schon mal mit 10 Fingern tippen – Heute eine Kernkompetenz über die gar nicht erst gesprochen wird!  Danach schenkten meine Eltern mir einen Microsoft Office-Kurs. Man könnte es ja später im Beruf gebrauchen.

Mitte der 90er bekamen wir dann endlich Internet zuhause. Das war sehr von Vorteil, denn ich hatte damals meinen ersten Freund in Russland und die Telefonate waren extrem teuer. Dennoch ließen sie mich einmal in der Woche für wenige Minuten mit ihm telefonieren. Unsere Telefonrechnung ging in die Hunderte. Was für tolerante Eltern ich hatte! „All in the name of love“. ☺ ICQ rettete also nicht nur mich, sondern auch sie. Irgendwie.

Mit dem Internet begann für mich der Ausblick in die weite Welt. Meine Freunde waren überall verteilt und so konnten wir regelmäßig in Kontakt bleiben. Ich konnte recherchieren und mir meine Informationen beschaffen, die die örtliche Bibliothek nicht lieferte. Mit Schulkameraden vor Ort fanden wir uns auf StudiVZ. Nach sehr kurzer Zeit langweilte mich das Portal aber auch schon. Ich glaube, dass ich ‚meine Welt‘ tatsächlich erst mit der Einführung von Facebook fand. Und das war relativ spät. Angefangen zu bloggen habe ich mit meinem kleinen privaten Blog, als ich dann meinen Job begann blieb dafür keine Zeit mehr und ich bin auf den Corporate Blog von Metaio umgezogen.

Gab es Menschen, die Dich persönlich oder durch Ihre Veröffentlichungen bei Deinem Einstieg ins Social Web begleitet haben?

Es gab viele Menschen, denen ich begeistert zugeschaut habe, wie sie ihren Weg im Social Web gingen. Da ich am Anfang vor allem in der Buchbranche unterwegs war, waren das Menschen wie Herr Meier, Heike Schmidt, Stefanie Leo und Wibke Ladwig. Aber natürlich auch Du selbst Annette und meine treuen Münchner Gefährten Meike Leopold und Klaus Eck –  von beiden habe ich lange bevor wir uns persönlich getroffen haben, sehr viel lernen können.

Es gäbe da noch sehr viele mehr Menschen aus Digitalistan zu nennen, mit denen ich das Netz entdeckt habe. Facebook, Twitter & Co. waren ja für uns alle neu und ich hatte den Eindruck, dass es ein  gemeinsames Gefühl der Aufbruchsstimmung gab, das uns alle wie Abenteurer erschienen ließ. Dieses Gefühl vermisse ich heute manchmal im Social Web.

Wie hat sich Dein Weg in Sachen digitale Kommunikation dann bis heute weiterentwickelt (nenne die wichtigsten Meilensteine)?

Angefangen habe ich als Praktikantin in der Pressestelle der Leipziger Messe, in der ich unter anderem auch die Leipziger Buchmesse unterstützt habe. Hier konnte ich alles Handwergszeug lernen, das erste Mal mit internationalen Journalisten zusammen arbeiten und Pressekonferenzen vorbereiten. Wir hatten eine Website, ein Newslettertool, aber noch keinerlei Social Media-Kanäle und das Presseclipping haben wir tatsächlich noch mit Schere und Prittstift gemacht.

Danach kamen Kommunikationsaufgaben für eine Leipziger PR-Agentur und das Tübinger Bücherfest. Als Selbstständige habe ich mich dann auf Social Media-Beratung von kleinen mittelständischen Unternehmen konzentriert, aber auch Vorträge an Schulen zur Eltern-Lehrer-Weiterbildung gehalten. Das war noch alles im Schwabenländle, in dem ich immer das Gefühl hatte, dass hier die Uhren anders ticken und ich etwas verpasse.

Also musste ich hinaus in die große weite Welt und da kam das Angebot von Metaio damals genau zur richtigen Zeit. Seit dem Frühjahr 2013 bin ich bei dem Weltmarktführer für Augmented Reality für die Unternehmenskommunikation und Social Media zuständig. Die innovative Technologie, die, die Metaio anbietet, ist gerade im Bereich Marketing und Kommunikation vielfältig einsetzbar ist,und hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, die eigenen Kompetenzen (nämlich z.B. der Umgang mit Augmented Reality-Software) immer wieder zu erweitern, um kreative Kommunikationskonzepte und Pressearbeit zu entwickeln.

Aufgrund unternehmerischer Veränderungen suche ich nun eine neue Herausforderung in der Kommunikation eines innovativen Unternehmens. Da man mich die letzten zwei Jahre thematisch sehr verwöhnt hat und ich Lunte gerochen habe, was uns die Zukunft an neuen Technologien und Möglichkeiten bringen wird, will ich da weiter machen, woran ich die letzten Jahre gearbeitet habe: Menschen, die Angst vor Technik zu nehmen.

Gibt es Fehler, die Du auf Deinem Weg gemacht hast und wie können andere diese vermeiden?

Mmh, ob es ein Fehler war weiß ich gar nicht so richtig. Aber aus heutiger Sicht habe ich den Eindruck, dass ich mich mit einem eigenen Blog besser positionieren hätte können. Da ich aber beruflich den drastischen Wechsel von der Verlagsbranche und in die Technologiebranche vollzogen habe, fand ich das für mich etwas schwierig.

Ich habe mich bisher dagegen entschieden, in einem Blog öffentlich über private Themen zu berichten. Auf meinem Facebook-Profil habe ich eine für mich vertretbare Mischung aus beruflichen und privaten Themen, mit der ich gut leben kann. Auch wenn ich hier bestimmt schon einiges gepostet habe, was ich später bereut habe.

Deshalb ist auch mein Instagram-Account auf „privat“ eingestellt, weil ich nicht möchte, dass alle meine Bilder für jeden einsehbar sind – vor allem nicht die meiner Kinder. Erst letztens wollte mich der Schwarm meines Sohnes abonnieren. Da gab es ein klares „Nein“. Dem Schwiegermuttertest wollte ich mich dann doch nicht unterziehen.

Welche Wege empfiehlst Du Einsteigern oder denen, die sich in Sachen digitale Kommunikation fortbilden wollen?

Der einzige Weg ist MACHEN und viel beobachten. Ich glaube, wenn man sich vornimmt, beruflich in der digitalen Kommunikation tätig zu werden, muss man alles einmal selbst ausprobiert haben. Vom eigenen Blog, der flutartigen Instagrammerei bis zum hemmungslosen Tweeting sollte man überall mal die Nase drinnen gehabt haben. Das ist übrigens auch Tipp Nummer Eins unseres Ratgebers „Erste Hilfe für Social Media Manager“, den wir gemeinsam mit Meike Leopold, Björn Eichstädt und vier weiteren Co-Autoren geben: Ausprobieren, selbst testen, sich mit anderen austauschen, auf die Nase fallen, schlauer werden und ja nicht stehenbleiben. Nichts verändert sich so rasant wie Technologien und Kommunikationskanäle.

Welches ist Dein bevorzugtes soziales Netzwerk und warum?

Eindeutig und schon immer Facebook. Ich mag die Mischung aus Wandzeitung, Newsfeed und Chatfunktion. Und irgendwie mag ich es wohl auch, dass auf Facebook immer alles gut ist und wir uns das Leben mit seinen Schokoladenseiten vorgaukeln. Wir posten unsere Urlaubsbilder, empfehlen unsere Lieblingsmusik, bestärken uns gegenseitig darin, dass wir alles richtig machen und glauben uns das auch noch. Twitter ist da anders. Da muss man durch, wenn man angegriffen wird – und das auch noch öffentlich. Da helfen auch keine Emojis. Wer mir in der Facebook-Welt nicht passt, wird entfreundet. Wenn nur das echte Leben so einfach wäre.

Welche aktuellen Entwicklungen in der digitalen Kommunikation findest Du besonders spannend?

Der Einfluss neuer Technologien wie Augmented und Virtual Reality. Wenn diese so weit sind, dass sie unseren Alltag erreicht haben, wird das sehr spannend. Erst vor ein paar Tagen hat Mark Zuckerberg ankündigt, dass die Zukunft Facebooks im Virtual Reality-Bereich liegt. Und wenn man mal darüber nachdenkt, dann erscheint dies auch plausibel – auch wenn ich nicht glaube, dass dies ausschließlich so sein wird.

Die Zukunft der Kommunikation wird nicht in Tablets und Smartphones liegen, da ist man sich glaube ich heute bereits einig. Wir werden virtuelle Räume begehen und/oder unsere reale Umgebung immersiv mit Augmented Reality-Inhalten erfahren. Wir werden mit unserem ganzen Körper digitale Informationen spielerisch erleben und einen völlig neuen Erfahrungsaustausch ermöglichen können. Und das alles in nicht mal mehr so weit entfernter Zukunft.

Gibt es noch etwas, das Du den Lesern zum Thema Social Web oder digitale Kommunikation allgemein mitgeben möchtest?

Bleiben Sie neugierig. Das heißt vielleicht nicht, dass man jedem neuen Netzwerk hinterherrennen muss und seine bisherigen Kommunikationsstrategien sofort über Bord werfen sollte. Aber mal über den Tellerrand hinausschauen und evaluieren, welche Möglichkeiten neue Tools und soziale Netzwerke bieten, kann nicht schaden.

Wer hätte vor 4-5 Jahren gedacht, dass im Jahr 2014 die ersten Unternehmen ihre Kunden via Messenger wie Whatsapp informieren? Oder dass Jugendliche sich heute scheuen aus Datenschutzgründen einen Facebook-Account anzulegen und lieber – wie in den USA – Snapchat zu ihrem beliebtesten Netzwerk erklären, weil die Bilder sofort gelöscht werden?

Was ich damit sagen will, ist, dass in jeder Zeit die Menschen ihre eigenen Ansprüche haben werden. Der  eine will Informationen zu jeder Zeit an jedem Ort, der andere möchte abschalten und nicht mit der Flut an Informationen überladen werden. Unsere Aufgabe ist es für unsere Zielgruppen genau die richtigen Tools und Möglichkeiten auszuloten. Das geht nur, wenn man sich selbst sein Interesse erhält und Spaß daran hat, Neues auszuprobieren.

Vielen Dank für Deine Antworten, Anett! 🙂

Nächstes Mal wird Marcus John Henry Brown diese Fragen beantworten.
Alle Interviews dieser Reihe können nachgelesen werden unter
http://www.annetteschwindt.de/tag/meinweginsweb.


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