Parapsychologie: Manches lässt sich noch nicht wissenschaftlich erklären – Ein Bloggespräch mit Alexander Schestag

Alex und ich haben uns kennengelernt, als wir beide noch in Heidelberg studiert haben. Neben seiner technischen Begleitung meiner Webaktivitäten waren von Anfang an psychologische Themen Gegenstand unserer unzähligen Gespräche in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Besonders sein Interesse für Parapsychologie fasziniert mich dabei immer wieder. Nun haben wir das Thema für ein Bloggespräch wieder aufgenommen:

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Du bietest ja schon länger Beratung in parapsychologischen Fragen an. Das finde ich äußerst spannend, denn ich hab schon oft gehört, was alles dabei zum Vorschein kommen kann, wenn man vermeintlich übernatürlichen Vorkommnissen auf den Grund geht. Dass sie aber auch manchmal wirklich nicht erklärlich sind. Welche Art von Fragen sind es, mit denen die Leute zu Dir kommen?

Alexander Schestag

Es handelt sich um ganz unterschiedliche Fragestellungen. Ich würde sie auf zwei Ebenen unterscheiden. 

Die eine Ebene ist die inhaltliche Fragestellung. Da kommen Anfragen zu allen Themen der Parapsychologie wie Hellsehen, Psychokinese,Telepathie und Spuk/Geistererscheinungen. Spuk und Geistererscheinungen machen den Großteil der Fragen aus. Darüber hinaus werden aber auch Anliegen zu Themen an mich herangebracht, die nicht direkt zur klassischen Parapsychologie gehören. Ich erinnere mich zum Beispiel an einige Gespräche, bei denen es um unidentifizierte Wesen ging.

Die zweite Ebene ist die Intention der Anfragen. Die allermeisten Anliegen beziehen sich auf persönliche Erlebnisse. Betroffene suchen nach Erklärungen für das Geschehen, das sie erlebt haben, oder möchten wissen, ob das, was ihnen widerfahren ist, gefährlich ist. Oftmals herrscht starker Leidensdruck, den ich den Betroffenen zu nehmen versuche. In wenigen Fällen wollen Menschen aber auch einfach nur allgemeine Informationen zu einem Phänomen haben. Und auch wenn ich auf meiner Website explizit darauf hinweise, dass ich solche Dienstleistungen nicht vermittle, so werde ich dennoch gelegentlich nach Kontakten zu „Hellsehern“, „Geistheilern“ und ähnlichen Angeboten gefragt.

Gibt es denn Dinge, mit denen du dich an eine solche Beratung wenden würdest?

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Ja, wenn mir auch etwas passieren würde, was ich mir nicht erklären kann, dann schon. Aber bisher (*aufholzklopf*) hat sich alles von allein aufgeklärt. Dabei bin ich durchaus offen und halte übernatürliche Berichte nicht sofort für Spinnerei. Dazu ist mir schon zu viel selbst passiert, was sich nicht naturwissenschaftlich erklären ließ. Das waren aber letztendlich immer positive Erfahrungen.

Ich nehme aber mal an, die Leute, die zu Dir kommen, haben einen gewissen Leidensdruck oder Angst? Was machst Du dann für sie, oder mit ihnen? 

Zunächst eine kleine Anmerkung zum Begriff des Übernatürlichen. Ich meide ihn, denn ich bin der Überzeugung, dass die betreffenden Phänomene nicht außerhalb der Natur stehen. Manches lässt sich noch nicht wissenschaftlich erklären, aber wir arbeiten dran. 😉

Deine Frage trifft eine der zentralen Aufgaben meiner Beratung. Viele Menschen, die sich an mich wenden, haben in der Tat großen Leidensdruck oder Angst oder sind zumindest durch das Erlebte hochgradig verunsichert, weil es die Grundfesten ihres Weltbildes erschüttert. Die meisten Betroffenen haben auch Angst, für „verrückt“ erklärt zu werden.

Was ich dann für sie tue, hängt von der Fragestellung ab, mit der sie sich an mich wenden. Wichtig ist immer, das Gefühl zu vermitteln, dass man die Anliegen ernst und die Menschen für voll nimmt. Denn oft sind sie schon dadurch verunsichert, dass ihr Umfeld das nicht tut. Menschen, die außergewöhnliche Erfahrungen machen, bekommen sehr oft das Stigma angehängt, psychisch krank zu sein, obwohl das in den allermeisten Fällen nicht zutrifft. Selbst manche Berater gehen sehr leichtfertig mit der Pathologisierung von Betroffenen um. 

Manchen ist zudem eine konventionelle Erklärung sehr wichtig. Wenn es dann plausible Ansätze gibt, biete ich sie ihnen an. Vielen hilft das schon. Manche wollen das aber auch nicht. In der Regel gilt: Wie sich die Phänomene erklären lassen, ist oft weniger wichtig als die Frage, was das Erlebte für die Betroffenen bedeutet.

Wenn Menschen große Angst vor dem Erlebten haben, kann der Hinweis sinnvoll sein, dass die Phänomene, auch für den Fall, dass ich keine plausible Erklärung habe, in aller Regel nicht gefährlich sind. Ich habe in 20 Jahren Beratungstätigkeit in keinem einzigen Fall erlebt, dass Menschen ernsthaft zu Schaden gekommen wären.

Als ebenfalls sehr hilfreich hat sich erwiesen, den Betroffenen zu erklären, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht alleine sind. 70% der Deutschen machen mindestens einmal im Leben eine paranormale Erfahrung. 

Du schreibst oben, dass deine Erfahrungen bisher immer positiv waren. Magst du vielleicht mal eine deiner Erfahrungen schildern?

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Gern. Dabei ging es um meine Verbindung zu einem Freund, der 1000km entfernt von mir im Koma lag. Er wusste später Dinge von mir aus der Zeit, in der er nicht bei Bewusstsein war, die er nicht wissen konnte. Und auch die Umstände, wie es dazu kam, dass er nicht von den lebenserhaltenden Geräten getrennt wurde, wie es die Ärzte der Familie geraten haben, waren außergewöhnlich. Dieses Erlebnis – so schmerzhaft es während der Zeit der Ungewissheit war – hat mein Leben verändert. Und seit ich es aufgeschrieben habe, hat es vielen anderen Menschen geholfen. Das Ganze kann hier nachgelesen werden: http://www.annetteschwindt.de/2010/10/30/in-alle-ewigkeit/ und ist exakt so passiert.

Diese Geschichte hat meine Sicht auf das Leben und den Tod völlig verändert. Mit anderen so verbunden zu sein, egal wo sie sind, ist eine wunderschöne Erfahrung. Leider sind viele nicht offen dafür, weil es ihnen Angst macht, oder sie es für verrückt halten – oder beides. Ich erinnere mich auch noch daran, dass mich manche Menschen damals nicht ernst genommen haben, als das mit meinem Freund passiert war. Hätte ich nicht auch andere in meinem Umfeld gehabt, die zugehört und teilweise selbst von ähnlichen Erfahrungen berichtet haben, hätte ich vielleicht auch gedacht, dass ich verrückt geworden wäre. Woher soll man das auch wissen? 

Ja, das ist ein sehr beeindruckendes Erlebnis. Und auch hier gilt: Du bist nicht alleine damit. Ich habe ähnliche Erfahrungen schon sehr häufig gelesen und gehört.

Nur in sehr, sehr seltenen Fällen liegt dem Erlebten wirklich eine schwere psychische Erkrankung wie eine akute Psychose zugrunde. Dann ist es natürlich unvermeidlich, Betroffene behutsam dazu zu bringen, sich in professionelle psychiatrische Behandlung zu begeben. Leider kann es dabei auch zu akuten Krisensituationen kommen, etwa wenn die Person wegen des Erlebten suizidgefährdet ist. Dann ist dafür zu sorgen, dass sie so schnell wie möglich in eine solche Behandlung kommt. Dabei sind leider im Zweifel auch Zwangsmaßnahmen nötig, um das Leben des Betroffenen zu schützen. Das hat dann allerdings nichts mehr mit parapsychologischer Beratung zu tun, sondern fällt unter Krisenintervention. Zum Glück kommt das, wie gesagt, extrem selten vor. Aber man muss darauf vorbereitet sein.

Übrigens passt dein Erlebnis sehr gut  in ein sehr oft zutreffendes Erklärungsschema. In vielen Fällen zeigt sich, dass hinter den Erfahrungen – unabhängig von den Erklärungen – oftmals Stress oder Belastungen stehen. Ich erlebe es immer wieder, dass die Phänomene nachlassen oder verschwinden, wenn ich Ratsuchenden nahe lege, einmal nach solchen Faktoren zu schauen und zu überlegen, wie man sie beseitigen könnte. In akuten Krisensituationen wie die, die du schilderst, treten solche Erlebnisse zudem gehäuft auf. Meine Erfahrung zeigt z. B., dass Menschen, die Kriege erleben mussten, überdurchschnittlich oft davon berichten.

Deine Frage möchte ich daher mit einer Gegenfrage beantworten: Warum sollte man „verrückt“ sein, nur weil man eine Erfahrung macht, die man sich nicht erklären kann? Ist das nicht eher die Scheuklappenmentalität einer Gesellschaft, die alles von sich weist, was nicht sofort rational erklärbar ist? Vielleicht auch weil es sie verunsichert, indem sie erfährt, dass nicht alles so kontrollierbar ist, wie es auf den ersten Blick scheint?

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Ja, da hast Du sicher recht. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, da passt sowas nicht dazu. Dennoch gibt es ja auch immer mehr wissenschaftliche Hinweise, dass alles miteinander in Verbindung steht. Wer weiß, ob wir nicht irgendwann erklären können, was uns heute noch als rational unfassbar erscheint? 

Und ja, in Zeiten von Stress wie Trauer oder Krankheit scheinen die Menschen zugänglicher für das Thema zu werden. In einigen Kulturen geht man ja grundsätzlich offener damit um, gerade was die Verbindung zu den Ahnen und anderen geliebten Menschen angeht. Ich finde das eigentlich sehr schön und habe da seit oben erwähnter Geschichte auch meine eigene Herangehensweise. Den meisten Menschen macht sowas aber Angst und sie wollen es am liebsten verdrängen. Wenn es sich dann doch seinen Weg in ihr Bewusstsein bahnt, dann können sie nicht damit umgehen.

Du machst solche Beratungen ja schon lange, nimmst Du denn eine Veränderung im gesellschaftlichen Umgang mit solchen Phänomenen wahr?

Im Umgang mit den klassischen Phänomenen wie außersinnliche Wahrnehmung, Spuk und ähnlichem eher nicht. Es gibt nach wie vor viele Menschen, die das alles für Unsinn und die Betroffenen für „verrückt“ halten. Auch die Häufigkeit der Erfahrungen hat sich nicht verändert.

Was sich jedoch enorm verändert hat, ist die mediale Präsenz und Verarbeitung der Thematik. Während früher nur selten mal eine Dokumentation zu dem Thema zu sehen war, schießen seit einigen Jahren Reality-Shows im Fernsehen dazu ins Kraut. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um US-amerikanische Serien, die sich häufig mit sogenannten „Geisterjägern“ befassen, die – mit wissenschaftlich fragwürdigen Methoden – an allen möglichen Orten nach Belegen für Geistererscheinungen suchen. Es gibt aber auch einige wenige deutsche Formate. Hinzu kommen zahlreiche Veröffentlichungen von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen im Internet, vor allem auf YouTube, in den sozialen Netzwerken und in Blogs. Die Möglichkeiten des Web 2.0, selbst Inhalte zu veröffentlichen, haben da zu einer gewaltigen Entwicklung geführt. Das ist ja genau dein Thema. Wie beurteilst du diese Entwicklung?

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Ich könnte mir vorstellen, dass gerade auf YouTube viele nur für den Grusel oder als Sensationsberichterstattung posten. Da sind sicher eine Menge Möchtegern-Ghostbusters unterwegs, oder? „Nicht die Strahle kreuzen!“ 😉 Das macht es vermutlich eher schwerer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Woran erkenne ich denn als Laie, welche davon seriös sind und welche nicht? Gibt es überhaupt ernsthafte Beiträge im TV oder Internet? Vielleicht auch Foren in oder außerhalb von Social Media? Wohin wendet man sich als ernsthaft interessierter Mensch?

Es ist kompliziert. Die meisten YouTube-Kanäle geben sich schon rechtschaffen Mühe, fundiert und seriös zu sein. Dennoch merkt man, dass oft der Glaube dominiert und der wissenschaftliche Hintergrund fehlt. Gleiches gilt für Foren und ähnliches. Die sind vor allem wegen der Erfahrungsberichte durchaus nicht uninteressant, aber auch für Betroffene gefährlich. Denn da werden Ratsuchenden oft Ängste eingeredet. Es ist von bösen Geistern und Dämonen die Rede, die angeblich für das Erlebte verantwortlich sein sollen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das unhaltbar und führt nur dazu, dass Menschen verunsichert werden.

Am anderen Ende des Spektrums stehen sogenannte Skeptikerorganisationen, die die Existenz der Phänomene komplett negieren, ohne über den entsprechenden wissenschaftlichen Hintergrund zu verfügen. Auch das ist nicht hilfreich.

Aus dem Grund kann ich neben meiner Website eigentlich nur drei weitere empfehlen, die seriöse Informationen zum Thema bieten. Da wäre einmal das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg, das unter dem URL https://www.igpp.de erreichbar ist. Dort war früher auch der parapsychologische Lehrstuhl der Universität Freiburg angesiedelt. Darüber hinaus ist die Wissenschaftliche Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie mit ihrer parapsychologischen Beratungsstelle unter https://www.parapsychologische-beratungsstelle.de einen Blick wert. Last but not least bietet die von mir mitgegründete Gesellschaft für Anomalistik unter https://www.anomalistik.de interessante Informationen. Deren Themenspektrum reicht jedoch weit über das der Parapsychologie hinaus. Dort war übrigens meine Beratung ursprünglich angesiedelt.

Darüber hinaus kann ich eigentlich nur klassische Bücher empfehlen, allen voran „Geister sind auch nur Menschen“ von Walter von Lucadou,  in dem er sich mit Fällen aus seiner oben genannten Beratungsstelle der WGFP befasst. Wer einen guten Überblick über die parapsychologische Forschung bekommen will, dem sei „The Conscious Universe: The Scientific Truth of Psychic Phenomena“ von Dean Radin empfohlen. Beide Bücher sind für Laien verständlich, auch wenn es das von Radin leider nur auf Englisch gibt.

Generell muss man leider sagen, dass das Internet für wissenschaftliche Themen ein schwieriges Pflaster ist, weil Informationen und ihre Herkunft oft nur schwer überprüfbar sind. Man findet im Netz zwar auch wissenschaftliche Artikel aus renommierten Journals, aber die sind für Laien oft nur schwer verständlich. Wie ist denn deine Erfahrung zur Qualität von Informationen im Web?

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Ich hab dazu ehrlich gesagt noch nie recherchiert, bin höchstens mal über meine Vernetzungen auf Artikel gestoßen. Die stammten dann meist aus traditionellen Printmedien aus dem englischsprachigen Raum. Gerade in Großbritannien haben „haunted places“ ja eine ganz andere Tradition als hierzulande. 

Auf den Glauben an böse Geister stoße ich oft, wenn ich mich mit anderen über Nahtoderfahrung oder „die andere Seite“, wie ich es nenne, unterhalte. Während ich (s. Geschichte oben) damit vor allem Liebe und Beschütztwerden verbinde, gruseln sich andere schon bei der bloßen Andeutung des Themas und lenken schnell wieder ab. 

Was sind denn die typischen Fälle, weswegen die Leute Dich kontaktieren? Und womit lassen sie sich erklären? Hattest Du auch schon Fälle, in denen Du nicht weiterhelfen konntest? 

Weiterhelfen kann ich fast immer, und sei es nur indem ich Menschen beruhige und ihnen die Angst nehme, auch wenn ich keine Erklärung anbieten kann. Nicht helfen kann ich eigentlich nur in drei Fällen. So gibt es Leute, die mit vorgefertigten, meist esoterischen Erklärungen zu mir kommen und die lediglich bestätigt haben wollen. Das mache ich natürlich nicht, wenn ich die Erklärungen für unzutreffend halte. Ich versuche dann zu erklären, warum ich das so sehe. Fruchtet das nichts, fällt das eben unter Beratungsresistenz. Auch das gibt es. Und dann gibt es Leute, die unbedingt einen Hellseher o. ä. vermittelt haben wollen, obwohl ich auf meiner Website explizit schreibe, dass ich das nicht tue. Auch da kann ich dann nicht weiterhelfen. Last but not least erreichen mich sehr selten fachfremde Anfragen. So fragte mich heute jemand, ob sie einen Geistheiler verklagen könne. Das ist natürlich primär eine juristische Frage, die ich als Nichtjurist nicht beantworten kann.

Typische Fälle sehen aber anders aus. Ein Beispiel: Oftmals kommen Menschen zu mir, weil sie eine Geistererscheinung gesehen haben wollen. Wie sich das erklären lässt, hängt vom Einzelfall ab. So kann es physikalische Ursachen wie Infraschall oder starke elektromagnetische Felder geben, die bei einzelnen Personen solche Wahrnehmungen inklusive Angstgefühle auslösen können. Aber auch sogenannte Pareidolien kommen häufig vor. Dabei sehen Menschen in Dingen Muster wie Gestalten, obwohl keine da sind. Das ist eine ganz normale Funktion unseres Gehirns und kann jedem passieren. Es gibt allerdings auch ganz wenige Fälle, für die es auf Grundlage der vorliegenden Informationen keine plausible Hypothese gibt. Das heißt nicht, dass es keine gäbe, wenn mehr Informationen vorlägen. Aber man muss auch mal bereit sein, etwas offen zu lassen, anstatt eine Erfahrung krampfhaft „wegzuerklären“.

Ein anderes sehr typisches Phänomen ist das, was landläufig als Poltergeist bezeichnet wird. Menschen hören Klopfgeräusche oder Schritte, manchmal bewegen sich Dinge von selbst oder fliegen durch die Gegend. In einem Fall war ein Teil der Wohnung komplett verwüstet. Menschen kommen jedoch in der Regel nicht zu Schaden. Sieht man einmal von Betrug ab, den ich in den meisten Fällen nicht erkennen kann, gibt es auch hier verschiedene Erklärungsansätze. Schritte oder Klopfgeräusche können zum Beispiel durch Tiere entstehen oder dadurch, dass Holz „arbeitet“. Wenn sich Dinge von selbst bewegen, können physikalische Effekte wie Magnete oder auch Feuchtigkeit eine mögliche Ursache sein. Aber auch hier gibt es einen kleinen Anteil von Fällen, die nicht erklärbar sind. Dabei hat sich gezeigt, dass zumindest psychische Probleme oder Stress bei der auslösenden Person, auch Fokusperson genannt, eine Rolle spielen. Eine Theorie ist, dass sich dieser Stress quasi über die physikalischen Phänomene „entlädt“. Wie das funktionieren könnte, ist Gegenstand weiterer Forschungen. Aber zumindest scheint dieses Fokuspersonen-Modell in den allermeisten Fällen gut zu passen. Wird der Stress reduziert, lassen die Vorfälle nach.

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Das klingt echt spannend! Vor allem das mit den physischen Phänomenen. Wenn man davon ausgeht, dass alles aus Energie besteht, und dass es nachgewiesenermaßen so etwas wie Quantenverschränkung gibt, ist das ja gar nicht mehr so unwahrscheinlich. Es gibt ja auch z.B. Studien, die zeigen, dass Kranke, denen positive Energie geschickt wird (unter gottgläubigen Menschen auch Beten genannt), besser genesen. Da findet auch kein messbarer physischer Kontakt statt und trotzdem passiert etwas.

Hast Du bei Deiner Arbeit denn auch mal mit Personen zu tun, die so etwas gut können? Zum Beispiel Heiler oder Medien? Da gibt es ja sicher massenhaft Scharlatane. Aber gibt es auch echte? 

Zunächst mal ist bezüglich irgendwelcher Erklärungen via Quantenphysik Skepsis angesagt. Da wird von Laien viel Unsinn erzählt, auch wenn es einige wenige Physiker wie Walter von Lucadou gibt, die auf dem Gebiet forschen und die ich ernst nehme. Ich selbst bin kein Physiker und spekuliere daher nicht darüber. Die Studien zu den Effekten des Betens sind übrigens methodisch hochumstritten. Auch da muss man also aufpassen. 

Ich bin der Meinung, dass es keine echten Geistheiler oder Medien gibt. Deswegen vermittle ich auch keine. Einige Phänomene wie Telepathie halte ich mittlerweile für gut belegt. Aber die Forschung zeigt, dass diese Dinge spontan auftreten und nicht steuerbar sind, wie selbsternannte Hellseher oder Medien behaupten. Die meisten arbeiten mit psychologischen Techniken wie Cold Reading – das geschickte Erraten von Dingen auf Grundlage vorheriger Informationen – um Informationen von ihren Kunden zu entlocken. Paranormal ist daran nichts. Das zeigt sich auch in den Anfragen von Menschen, die bei sogenannten Medien waren und dann Rat suchen, wie sie das Ergebnis erklären sollen. Im Heilbereich mag es gelegentlich kleinere Effekte geben, die aber in aller Regel nur dem Placeboeffekt entsprechen. Für eine generelle Wirksamkeit gibt es keine Hinweise.

Annette gezeichnet von tutticonfetti

Vermutlich bewirkt allein die Tatsache, dass sich jemand ausführlich um einen kümmert, statt wie sonst nach Zeit abgefertigt zu werden, schon eine Menge. Das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Vielleicht sollte man auch gar nicht alles erklären, sondern auch noch Raum für Mysterien übrig lassen. Mir gefällt die Vorstellung, dass wir energetisch alle eins mit der Welt sind und in (mehr oder weniger) Liebe auch über den Tod hinaus miteinander verbunden. Deswegen erlebe ich paranormale Phänomene auch nicht als gruselig oder bedrohlich, sondern eigentlich immer als Ausdruck dieser Verbundenheit oder der Suche danach.

Danke, dass Du Dich diesmal per Bloggespräch mit mir darüber ausgetauscht hast, so dass auch andere daran teilhaben können.


Über meinen Gesprächspartner:

Alexander Schestag war Diplom-Psychologe und IT-Dienstleister. Eines seiner Interessensgebiete war die Parapsychologie und ihre wissenschaftliche Erforschung. Über 20 Jahre betrieb er eine Beratung für Menschen, die sogenannte paranormale Erfahrungen gemacht haben und aufgrund dessen Rat suchten. Im Juni 2022 ist er leider verstorben.

Titelfoto: MonikaP,Pixabay
Foto Alexander Schestag: privat

Illustration von Annette: tutticonfetti


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