Zum Thema Schottland – Ein Bloggespräch mit Beate Mader

Wenn sich neue Interessent*innen für ein Bloggespräch melden, wurde mir bisher noch nie ein Land oder Ort als Thema vorgeschlagen. Deshalb freue ich mich, dass ich mich mit meiner heutigen Gesprächspartnerin zum ersten Mal über so ein Thema austauschen darf. Here we go:

Annette Schwindt

Liebe Beate, vielen Dank, dass Du Schottland als Thema angesprochen hast! Ich war zwar noch nie da, aber englische Freunde von mir sind brexitbedingt kürzlich dorthin umgezogen und wie viele andere bin ich Fan von schottischem Single Malt Whisky und Outlander. Außerdem ist einer meiner Lieblingsmusiker Schotte. Und was ich bisher von Land und Leuten in Film und Fernsehen gesehen habe, hat mich sehr fasziniert. Was hat Dich dazu gebracht, Schottland als Thema vorzuschlagen?

Per Schüleraustausch nach Troon

Beate Mader

Schottland ist ein Land, in das ich jedes Jahr fahren könnte, sofort zu Hause bin und immer wieder etwas Neues entdecke. 

Das erste Mal war ich mit dem Schüleraustausch in Schottland, ich glaube über den Landkreis. Es gab schon lange eine freundschaftliche Beziehung mit Troon. Troon liegt ca. 1 Stunde im Süden von Glasgow am Meer und ist sehr bekannt für die zahlreichen Golfplätze. Ich habe immer noch Kontakt zu meiner Austauschfreundin und sie ist immer ein Anlaufpunkt, wenn ich oder wir in Schottland sind. 

Whisky war auch schon beim Schüleraustausch ein Highlight. Ich kann mich noch gut an den Besuch bei Jonny Walker in der Destillerie erinnern. Für eine Schülerin ein Highlight. Du stehst in einer Halle, die riesig in meiner Erinnerung ist. Am Boden verlaufen die Rinnen, in die der Whisky aus den Fässern ausgeleert wird, damit der Jonny Walker, ein “blended”, also gemischter Whisky zu seiner konstanten Qualität gemischt werden kann. Heute nicht mehr vorstellbar, haben wir auch alle eine Miniaturflasche als Erinnerung erhalten. 

Wenn ich jetzt so nachdenke, fallen mir weitere Programmpunkte ein. Wir waren am Loch Lomond über Nacht in einer schlossähnlichen Jugendherberge, hatten ein schottisches Ritteressen, wo wir nur ein Messer und einen Löffel zum Essen hatten – und Haggis essen mussten. Eine Fahrt mit dem Rettungsboot in die stürmische See und die Party auf einem historischen Segelschiff sind Punkte, die nun aufpoppen. 

Ich glaube, hier wurde meine Liebe zu dem Land geboren. Du schreibst, dass Du schottischen Whisky magst, welche kennst und liebst Du denn? 

Single Malts von Islay

Annette Schwindt

Uuh, Johnnie Walker geht gar nicht! 😉 Wir bevorzugen bis auf wenige Highland-Ausnahmen (Oban!) die Single Malts von Islay. Meine „Hausmarke“ ist Caol Ila, es darf aber auch schon mal ein Laphroaig sein. Grundsätzlich lieber rauchig als malzig, gern torfig und mit Anklang ans Meer. Ich trinke meinen Whisky grundsätzlich mit ein bisschen Wasser, um die Aromen zu verstärken. Und gerade, wenn man mal zum Beispiel einen Ardbeg in Fassstärke hat, ist das ja ohnehin ratsam. Sonst schmeckt man ja nur den Alkohol und dafür ist so ein guter Tropfen echt zu schade.

Übrigens war ja Sam Heughan, der Hauptdarsteller von Outlander, um 2015 Botschafter von Laphroaig. Lustig fand ich, wie er mal erklärt hat, wie man seinen Namen richtig ausspricht (Hew-chan). Überhaupt finde ich den schottischen Akzent sehr interessant. So haben wir uns dann auch den Trinkspruch aus Outlander gemerkt, der seitdem samt gerolltem R bei uns verwendet wird:

Here‘s to a long life and a merry one,
a quick death and an easy one,
a pretty girl and an honest one,
a stiff whisky and another one!

Mit schottischem Essen kenne ich mich allerdings noch gar nicht aus. Was ist denn da typisch? Ich hab schon von Haggis gehört, aber noch nie probiert. Als Pfälzerin bin ich ja Saumagen-erprobt, aber Haggis ist mit Innereien und Hafermehl gefüllt. Klingt jetzt nicht soo lecker… Wie fandest Du das?

Haggis muss nicht sein

Beate Mader

Hmm. Haggis gehört nicht gerade zu meinen besten Erinnerungen als Jugendliche. Später hab ich dann nochmal was probiert, aber war nicht so meins. Ich bin jetzt auch kein großer Frühstück Esser, somit ist das sehr reichhaltige Frühstück der Schotten an mir verschwendet. Was ich total liebe, sind alle Gerichte mit Meeresfrüchten. Du hast es ja nie weit zur Küste. Fish & Chips sind einfach nur sensationell, wenn du die Wellen im Hintergrund hörst. Wir fahren schon mal „Umwege“, um an der Nordseeküste in Anstruther im besten Fish&Chips der Welt zu essen. 

Wie bist Du auf Islay Whiskys und Oban gekommen? Oban hab ich schon mehrfach besucht und ich schätze das Städtchen und den Whisky sehr. Dort hab ich das erste Mal Scallops, Jakobsmuscheln, frisch am Hafen auf dem Grill gegessen.

Kultur und Musik

Annette Schwindt

Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich hab in meiner Studienzeit schon erste Whiskies probiert, aber damals nur so die Standards wie Glen Morangie, Glen Fiddich etc. Was es halt so in der Kneipe gab. Wahrscheinlich hat mich dann einer meiner Freunde näher herangeführt und mir die Unterschiede zwischen malzig, rauchig, torfig und den feineren Noten gezeigt. Und als ich dann mit meinem Mann zusammen gekommen bin, haben wir von Freunden immer mal neue Whiskies empfohlen oder geschenkt bekommen. 

Als mich englische Freunde dann auf Outlander aufmerksam machten, lernte ich auch die Bezeichnung „water of life“ kennen (was mich wiederum an „eau de vie“ erinnert, was ja auch was Hochprozentiges ist). Überhaupt lernt man bei Outlander ja so einiges über die schottische Kultur. Irgendwann wurde es mir dann aber zu brutal Ansonsten kannte ich nur Braveheart und das ist ja nun auch nichts für Zartbesaitete… 

Dass eine meiner Lieblingsbands und der davon später solo gegangene Sänger schottisch ist, war mir lange gar nicht bewusst. Kennst Du Del Amitri bzw. Justin Currie? Erst als er sich damals beim ersten Referendum (ich hoffe, es gibt bald nochmal eins) für den Austritt Schottlands aus dem Vereinigten Königreich stark gemacht hat, habe ich bemerkt, was er für ein Landsmann ist. 

Hast Du Lieblingsmusik aus Schottland und kannst Du auch Bücher oder Filme empfehlen?

Geschichte vor Ort erleben

Beate Mader

Outlander hab ich gelesen. Da wird wirklich sehr detailliert auf alles eingegangen. Die Serie ist zwar cool gemacht, aber ich fremdle immer ein wenig, wenn ich das Buch, bzw. hier die Bücher gelesen habe. Ich les ja seit gut 30 Jahren privat nur Bücher auf Englisch und hab mich auch inspiriert von Diana Gabaldon und ihrer Outlander-Reihe durch unzählige in Schottland / England spielende Bücher, immer auch historisch und/oder mit einem Schwung Mystik versetzt gelesen. Was dann ja auch immer echt cool ist, wenn Du an Orten stehst und weißt, da war der oder die schon gestanden. Ich hab einen ganz anderen Bezug zu Schottland bekommen. Als ich auf dem Battlefield von Culloden stand, dann lief es mir kalt den Buckel runter, so greifbar ist die Geschichte dort. Auch in Stirling das ausgestellte Schwert von Braveheart zu sehen, wie riesig es ist, war ein Highlight.

Ich mag auch die rauchigen Whiskys lieber. Zu Weihnachten peppe ich die Beerenmarmeladen immer auf für die Plätzchen. Gerade zu Himbeere und Johannisbeeren aus dem eigenen Garten passt so ein Talisker mit einem salzig-rauchigen Akzent hervorragend.

Hast Du schon mal eine Destillerie besucht?

Doch noch Unabhängigkeit?

Annette Schwindt

Nein, ich war auch noch nie in Schottland oder auf Islay. Das steht noch auf der Liste. Ist bei uns halt immer schwierig, mit Rolli kann man nicht mal eben so verreisen und einfach überall hin. Da bleiben dann nur Bücher oder Berichte im Fernsehen/Internet. Davon haben wir allerdings schon einige gesehen. Schon toll, wenn sie dann von den verschiedenen Fassarten und Lagerungszeiten erzählen und man all die Fässer sieht. Mit dem passenden Geruch vor Ort ist das sicher noch viel besser.

Culloden steht auch auf meiner Liste. Was Steinkreise angeht, so hab ich mal Stonehenge in England besucht. Da war ich allerdings eher enttäuscht, so tourimäßig wie das gehandhabt wurde. Und richtig ran an die Steine kommt man erst gar nicht. Was mich an Schottland fasziniert, ist die weite Landschaft. Aber das werden wir wohl nur vom Auto aus ansehen können. Wenn unsere Freunde fertig renoviert haben, können wir von dort aus vielleicht auch nach Inverness. Mal sehen. Im Moment ist Reisen ja ohnehin nicht möglich.

Was denkst Du, werden sich die Schotten nun doch noch vom Vereinigten Königreich abspalten und wieder der EU beitreten? Seit dem Brexit dürften sich die Mehrheiten doch verschoben haben (2014 waren 44,7 % für die Unabhängigkeit, aber 55,3 % dagegen, bei einer Beteiligung von fast 85 %).

Brexit verkompliziert alles

Beate Mader

Ich glaube, Du kommst auch gut mit einem Rolli in Schottland rum. Alles wird nicht gehen, aber sie sind in den letzten Jahren unheimlich nach vorne gegangen, egal ob es Umweltschutz, Barrierefreiheit, oder um andere Themen geht. 

Ob sie sich von England abspalten werden, bzw. können, das würde mich auch interessieren. Es würde das Reisen auf alle Fälle einfacher machen. Es ist ja schon echt eine Herausforderung meiner Freundin und ihren Eltern was zu Weihnachten zu schenken. Porto und Zoll machen keinen Spaß mehr. Wir sind so glücklich, dass letztes Jahr unsere Woche in Schottland der einzige geplante Urlaub 2020 war, der nicht storniert wurde. Und wir haben bis zum Abheben des Fliegers gezittert, ob noch irgendwas dazwischen kommt. Wir hatten auch aufgrund von Übernachtungsstornierungen die Strecke etwas umwerfen müssen und konnten so in abgelegenere und touristisch nicht so überlaufene Regionen ausweichen. Eigentlich wären wir auch gerne nach Islay gefahren. Die Insel kannst Du aber nicht einfach mal für eine Nacht besuchen, dafür sind zu viel Whisky-Liebhaber für länger unterwegs und somit bekommst Du kein Zimmer nur für eine Nacht. Bleibt aber auf unserer Liste 🙂

Wenn Du schon mal eine Brauerei besichtigt hast, dann hast Du schon mal eine Idee, wie es aussehen könnte. Ist ja bis zu einem gewissen Punkt ähnlich. Nur dass dann gebrannt wird und der Alkoholgehalt dadurch massiv erhöht wird. Bier braucht genauso wie Whisky Malz. Desto kleiner die Destille, desto eher produzieren sie das Malz selber. Hier kommt ja auch ein Teil des “Geschmacks” her: mälze ich über Torf-Feuer, oder über Buche, oder nutze andere Hitzequellen ohne “Geschmack”. Zu den Fässern habe ich letztes Jahr etwas dazu gelernt. Der Schotte an sich ist ja sparsam und die Engländer / Schotten waren lange sehr große Port und Sherry Trinker und niemand hat die leeren Fässer wieder zurück nach Portugal und Spanien verschifft. Also gab es vor allem aus praktischen Gründen Whisky gelagert in Sherry und Port Fässern. In den 60/70er Jahren des letzten Jahrhunderts kamen zwei Faktoren zusammen: Der Sherry und Port Verbrauch ging zurück und die US-Regierung wollte der Holzwirtschaft im eigenen Land was Gutes tun und verpflichtete die heimische Bourbon Industrie nur noch neue Fässer zu verwenden. Also nahmen findige Schotten die überflüssigen Bourbon Fässer ab und seit dem wird vorrangig Whisky in Bourbon Fässern gelagert. 

Du hattest schon einen schottischen Musiker erwähnt, hast Du schon mal einen Dudelsack live spielen gehört? 

Musik jenseits des Dudelsacks

Annette Schwindt

Ja, bei einer Mittelalterveranstaltung. Schrecklich laut! Ich glaube, ich würde verrückt werden, wenn ich viele davon auf einmal hören müsste. Das ist nichts für Menschen, die schnell Reizüberflutung kriegen… War das nicht auch ursprünglich zur Einschüchterung gedacht? Stell Dir vor, Du kommst in die Weite Schottlands an einem grauen, nebligen Morgen und plötzlich geht der quäkende Lärm los! 

Del Amitri und Justin Currie beschränken sich zum Glück auf die üblichen Bandinstrumente mit Fokus auf Gitarre und Klavier. Del Amitri kennen die ein oder anderen übrigens aus dem Englischunterricht in der Schule. Da war ihr Song „Nothing ever happens“ öfter mal Thema. Manche kennen auch noch „Always the last to know“, aber sonst ist die Band in Deutschland bei den meisten eher unbekannt. Nachdem Justin Currie einige Zeit nur solo unterwegs war, haben sie sich kürzlich wieder zusammengefunden und mit „Fatal Mistakes“ ein echt gutes Album rausgebracht.

Ich überlege jetzt hin und her, welche Musik, die ich gern höre, auch aus Schottland kommt… Beim Googlen hab ich festgestellt, das die Simple Minds aus Glasgow kommen! Ich dachte immer, das wäre Iren. Ebenso war mir nicht klar, dass Jimmy Somerville Schotte ist. Ansonsten kennt man vielleicht noch Amy Macdonald, aber darüber hinaus…?

Tipps und Lieblingsplätze

Beate Mader

Für mich ist ein Dudelsack immer ein Gefühl des Ankommens. Kommt daher, dass wir damals beim Schüleraustausch mit dem Zug nach Troon gefahren sind und uns am Bahnhof ein Dudelsackspieler begrüßte. Aber ja, es kann auf alle Fälle laut und schräg klingen und sicher auch einmal zur Abschreckung genutzt worden sein.

Zur Musik, es gibt glaub ich mehr Schotten, die international Musik machen, als wir vermuten. Ich hab mir, als ich alleine in Schottland unterwegs war, kein Radio wirklich funktionierte und wir noch vor der Zeit von mp3 und Downloads waren, ein paar CDs gekauft. Einmal querbeet. Was auch recht cool ist, dir vielleicht ein wenig zu laut und schräg, das sind die Red Hot Chilli Pipers. Die spielen mit Dudelsack Rock Klassiker. 

Du hattest ja schon geschrieben, dass du dir Islay und Culloden anschauen willst. Ich könnte dir ein paar meiner Lieblings – und “kann ich immer wieder besuchen” -Plätze nennen.

Das Thema mit Herzens-Plätzen ist es ja manchmal so, dass dieser in der Erinnerung glorifiziert werden. So ist es mit meinem langjährigen Platz in Schottland auf der kleinen Insel Iona gewesen. Ich war dort, als ich mit dem Schüleraustausch als Leiterin zurück nach Schottland kam. Diese kleine Insel, vor der die Christianisierung Europas startete, mit dieser beeindruckenden uralten Ruine einer Kathedrale, dazu das glasklare türkis-blaue Wasser am steinigen Strand hatte mich sofort gefangen. Ein Ort, in dem ich mich in stressigen Stunden gerne mal in Gedanken zurückgezogen hatte. Beim zweiten Besuch war ich dann so enttäuscht. Es war sehr viel an den historischen Stätten gemacht worden, die Stimmung war eine andere und ich war einfach enttäuscht. Daher bin ich mit meinem “aktuellen” Lieblingsort ein wenig vorsichtig. Applecross liegt an der Route 500, der Nordküsten-Straße, wenn man über den höchsten Pass Schottlands wieder runter zurück ans Meer fährt. Ein klitzekleiner Ort, eine Kneipe am Meer, ein Hostel, 1-2 Übernachtungsmöglichkeiten und ein paar Einheimische. Dazu eine sehr schöne Bucht. 

Ich hab ein Video mit dem Meeresrauschen und wie die Wellen zart am Sandstrand anlanden. Das geb ich mir ab und zu… Ich freu mich schon sehr, wenn wir wieder mal nach Schottland fahren werden.

Annette Schwindt

Danke, dass Du Dich inzwischen mit mir darüber unterhalten hast. Ich wüsche uns allen, dass solche Reisen bald wieder leichter möglich werden.

Über meine Gesprächspartnerin

Beate Mader

“You can get the girl out of Scotland, but you can not get Scotland out of this girl!” Die Faszination Schottland hat Beate Mader während eines Schüleraustausches gefangen und nicht mehr losgelassen. Sie könnte jedes Jahr nach Schottland fahren, aber wie bei allem: wohldosiert hält es länger.
Inzwischen hilft sie Menschen bei der Strategie und Planung, damit es leichter wird, Social Media und Kommunikation im beruflichen Alltag zu integrieren.

visionhochdrei.de

Foto von Beate: Stefanie Kresse
Avatar von Annette: tutticonfetti

In meiner Rubrik „Bloggespräche“ unterhalte ich mich mit einem Gegenüber über ein frei gewähltes Thema wie in einem Mini-Briefwechsel. Wer auch mal so ein Gespräch mit mir führen möchte, findet alle nötigen Infos dazu unter https://www.annetteschwindt.de/bloggespraeche/ und kann sich von dort direkt bei mir melden.


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