Follow-Up: Über das Bloggen – Ein Bloggespräch mit Falk Hedemann

Als Falk Hedemann Anfang 2024 mein Format der Bloggespräche für das Upload-Magazin übernommen hat, habe ich mich daran erinnert, wie er zu Beginn dieser Reihe im Sommer 2016 einer meiner ersten Gesprächspartner war. Damals ging es um das Thema „Wohin geht es mit dem Bloggen?“. Seitdem hat sich einiges getan. Also haben wir beschlossen, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen:

Annette Schwindt

Zunächst einmal freue ich mich, dass mein Format weiter Verbreitung findet. Inzwischen haben das ja schon ein paar Blogger übernommen. Was hat Dich dazu bewegt? Habe ich das richtig mitgekriegt, dass es u.a. darum geht, sich von KI-generierten Inhalten abzuheben? Und damit wären wir dann ja auch gleich wieder mitten im Thema, wie sich das Bloggen seit unserem letzten Austausch hier weiterentwickelt hat und wie es wohl damit weitergeht. 

Menschliche Perspektive versus KI

Falk Hedemann

Sehr spannend finde ich erstmal, dass viele Aspekte unseres ersten Bloggesprächs auch nach fast acht Jahren immer noch aktuell sind. Das könnte sogar mit dem Format zusammenhängen, denn dadurch, dass wir uns gegenseitig Fragen stellen und beantworten, bekommt der Inhalt fast automatisch zwei Perspektiven.

Um diesen Aspekt ging es mir auch, als ich nach einem geeigneten Format für einen Artikel im UPLOAD Magazin suchte. Thematisch sollte es um die vielschichtigen Zusammenhänge zwischen Community Management und Content Marketing gehen. Diesmal wollte ich das aber nicht nur aus meiner Content-Perspektive beschreiben. Vielmehr wollte ich mit der Community-Expertin Tanja Laub einen Austausch führen, bei dem beide Seiten gleichwertig zu Wort kommen.

Perfektes Format für Austausch

Dafür ist Dein Format perfekt geeignet. Natürlich war es am Anfang für beide Seiten etwas ungewohnt, aber Tanja und ich hatten schnell ein gutes Gefühl für diese besondere Art der Content-Erstellung. Und das Ergebnis gefällt uns beiden sehr gut. Da es auch bei unseren Leserinnen und Lesern gut angekommen ist, werden wir dieses Format bei einem passenden Thema sicher noch einmal einsetzen.

Dafür spricht auch, dass dieses Gesprächsformat etwas mitbringt, was ich bei vielen anderen Formaten und generell bei Content vermisse: Eine menschliche Seite, die sich von den vielen sterilen Inhalten in der digitalen Welt abhebt. Erfahrungen, persönliche Einschätzungen und klare Handlungsempfehlungen, alles ohne Verkaufsabsichten im Hintergrund, machen Inhalte für mich sehr wertvoll.

Weniger wertvoll sind für mich dagegen die von Dir angesprochenen KI-Inhalte. Ich verstehe zwar, dass sie diesen gigantischen Hype ausgelöst haben, aber ich selbst würde KI-Inhalte weder konsumieren noch produzieren.

Persönliche Sichtweisen zeigen

Tatsächlich glaube (und hoffe) ich, dass der Trend zu entmenschlichten KI-Inhalten einen Gegentrend auslöst. Beim UPLOAD Magazin haben wir bereits vor ChatGPT & Co. neue Formate entwickelt, mit denen Gastautor:innen „Gesicht zeigen“ können. Das sind zum Beispiel Kommentare und Kolumnen, in denen persönliche Sichtweisen im Vordergrund stehen.

Diese Inhalte erinnern mich sehr an das Bloggen von früher. Auch 2016 ging es schon darum, mit dem Bloggen einen Teil der eigenen Expertise sichtbar zu machen. Heute würde ich sagen, dass dieser Aspekt nach wie vor lebendig ist, aber nicht mehr nur in Blogs stattfindet. Die Auswahl an Kommunikationsplattformen ist heute viel größer. Einige Blogger von damals „bloggen“ heute über LinkedIn oder Newsletter.

Ich persönlich würde mich da einreihen, auch wenn ich immer öfter darüber nachdenke, wieder richtig zu bloggen. Wie hat sich das Bloggen bei Dir persönlich entwickelt? Bloggst Du immer noch „klassisch“? Und wenn ich das richtig einschätze, hilfst Du nach wie vor Menschen auf dem Weg zum eigenen Blog: Hat sich da in den letzten Jahren etwas verändert?

Blogger damals und heute

Annette Schwindt

Ja, ich denke, die Trends, die wir damals beobachtet haben, haben sich verstärkt. Heute gibt es viele, die sich als Blogger bezeichnen, obwohl sie nur einen Instagram-Account oder Ähnliches bespielen. Klar, das ist auch Arbeit und es produziert auch einen Feed, aber das ist kein Blog. Blogs sind langlebig, während Instagram doch sehr auf den Moment ausgelegt ist. Vor allem, seit es Stories gibt. Da geht es um kurze, snackbare Formate, auch wenn da ein paar mehr Sätze Text dabei stehen. Man kann nur Hashtags oder andere Accounts verlinken, keine anderen Beiträge oder gar irgendwas Externes. Man kann höchstens Inhalte anderer wiederverwerten. Und was ich besonders lustig finde, sind die neuen Benennungen für alte Ideen, die als neue verkauft werden: So veranstaltet man heute keine Blogparade mehr, sondern man ruft eine Challenge aus. 

Ich kann nicht verstehen, dass sich jemand freiwillig von einem Social-Media-Algorithmus und der Plattform selbst abhängig macht. Wir erleben doch immer wieder, dass Nutzer gesperrt oder gar gelöscht werden. Ein Bekannter hat kürzlich 14 Jahre Facebook und den damit verbundenen Instagram-Account verloren, ohne jede Chance auf Wiederherstellung. Zumal die Inhalte in Social Media mehr und mehr von außen abgeschottet werden, also nur noch von anderen Nutzern innerhalb der Plattform erreichbar sind. Ich könnte noch weiter auflisten, warum das einfach nicht dasselbe ist wie ein echtes Blog. Das letzte Argument auf die Frage, warum solche „Blogger“ kein richtiges Blog betreiben wollen, lautet immer: „Das macht zu viel Arbeit“, aber dann halbe Romane unter die nächste Canvagrafik in Instagram posten!

Veränderte Herangehensweise

Was sich auch völlig gewandelt hat, ist das, was wir seinerzeit ganz selbstverständlich als Blogger-Netikette praktiziert haben: Gegenseitig Themen aufgreifen und weiterdenken, Ideengeber als Quelle verlinken. Freiwilliges echtes Weiterempfehlen ohne vorheriges Vereinbaren einer Gegenleistung, oder weil gerade der Wochentag ist, an dem ich fünf Leute empfehlen soll. Überhaupt zu bloggen, weil man was zu sagen hat und sich darüber austauschen möchte, nicht, weil regelmäßig „Content“ erstellt werden muss, damit einen der Algorithmus weiter oben hält und die Followerzahlen als vermeintlicher Wert an sich wachsen. 

Die Menschen, mit denen ich arbeite, lassen sich meist durch die oben genannten Argumente davon überzeugen, dass Bloggen eine gute Sache ist. Allerdings haben sie oft Angst vor den Kommentaren oder wollen keine zusätzliche Arbeit damit haben. Ich hoffe sehr, dass sich da langfristig das Activity Pub durchsetzt, mit dem sich Kommentare zu Blogbeiträgen aus dem Fediverse mit den Blogkommentaren verbinden lassen. Überhaupt hoffe ich auf das dezentrale Netz als Gamechanger. Andererseits haben wir das von Social Web auch gedacht und es hat uns Hatespeech und Fakenews gebracht. 

Vom klassischen Blog zum Content-Hub

Was immer beliebter wird, ist das Aufteilen des Blogs über die Website hinweg. Also das thematisch getrennte Darstellen von Beiträgen auf den jeweils dazu passenden Seiten statt einer einzigen Blog-Beitragsseite, auf der alle Themen je nach Veröffentlichung durcheinander in einer Reihe stehen. Eigentlich eine logische Fortführung der magazinartigen Blogs, die es dann auch erlaubt, mit versteckten Kategorien zu arbeiten. Da geht es dann auch nicht mehr unbedingt um das klassische Bloggen, sondern um den „Content-Hub“, wie Sascha Theobald das nannte. Das wird ja nicht zuletzt durch die Umstellung bei WordPress auf Blöcke ungemein erleichtert. Früher hätten wir da erst einen Programmierer gebraucht. 

Ich selbst praktiziere beides: auf meiner persönlichen Website hier steht das Blog im Vordergrund, auf meiner beruflichen Website sind die Beiträge weiterführende Infos zu den einzelnen Themen und daher über die Website verteilt. Und auf einstieg-in-wp.de gibt es eine klassische Blog Main, die nach Kategorien navigiert werden kann.

Wie erlebst Du den Umgang mit dem Medium Blog bei Deiner Arbeit? Ist das ein Kommunikationsmittel, nach dem noch oft gefragt wird? Oder ist es mehr ein Tool, das Du empfiehlst, aber gar nicht mehr Blog nennst?

Früher Gedankenaustausch, heute Magazin

Falk Hedemann

Was Du über die Entwicklung der Blogs und des Bloggens schreibst, löst bei mir widersprüchliche Gefühle aus. Einerseits denke ich mit etwas Wehmut an die Zeit zurück, in der Blogs für mich und viele andere Menschen in meinem digitalen Umfeld eine zentrale Rolle gespielt haben.

Man entdeckte morgens einen spannenden Blogpost in seinem Feedreader und antwortete nach dem Lesen mit eigenen Gedanken in einem eigenen Blogpost. Später hat man sich weitere Reaktionen auf rivva angeschaut und am Ende des Tages hatte man einen schönen Überblick über Meinungen und Einschätzungen aus verschiedenen Perspektiven zum ursprünglichen Thema.

Wertschätzung ist mehr als Liken

Ich habe durch das Bloggen wirklich viel gelernt und mir ein wertschätzendes Netzwerk aufgebaut, in dem Nehmen und Geben im Gleichgewicht waren. Heute ist das fast völlig verschwunden, was ich sehr bedaure. Heute giert jeder nur noch nach dem neuesten Algorithmus-Hack, um möglichst breit wahrgenommen zu werden. Um Diskussion, Erfahrungsaustausch und Wissensaufbau geht es dagegen, wenn überhaupt, nur noch am Rande. Wertschätzung? Ich lasse ein Like da.

Und doch gibt es auch die andere Seite. Es war nie meine Absicht, vom Bloggen leben zu können. Aber von dem, was aus dem ursprünglichen Bloggen schließlich geworden ist, kann ich tatsächlich leben.

Die logische Entwicklung hin zu Magazinen und Content-Hubs verfolge ich nun schon seit zehn Jahren. Bereits 2014 hatte ich ein großes Kundenprojekt, das eigentlich ein Corporate Blog war, aber Magazin hieß. Damals wurde mir klar, dass Blogs in der klassischen Form bei Unternehmen keine Zukunft mehr haben. Es gab zwar einige erfolgreiche Corporate Blogs, aber wenn wir ehrlich sind, waren es nie sehr viele.

Neustart für Corporate Blogs

Mit der Entwicklung hin zu digitalen Magazinen und Content-Hubs gab es einen Neustart. Am Anfang mochte ich diese Entwicklung nicht besonders, aber ich habe mich daran gewöhnt und sehe sie mittlerweile eher positiv. Denn Corporate Blogs waren oft isolierte Silos innerhalb der Unternehmenskommunikation und wurden ohne große Content-Strategie betrieben.

Das hat sich mit dem Neustart grundlegend geändert. Heute sind Content-Hubs mit Inhalten aus der Kundenperspektive zentraler Bestandteil der inhaltsgetriebenen Kommunikation vieler Unternehmen. Diese Inhalte unterscheiden sich natürlich stark von traditionellen Blogbeiträgen, das steht wohl außer Frage. Aber ich erwarte hier eine Entwicklung, die wieder mehr in die klassische Richtung gehen könnte.

Denn ich bin mir sicher, dass es im Laufe des Jahres immer mehr Unternehmen geben wird, die den Verlockungen einer ressourcenschonenden Content-Produktion mit KI-Tools wie ChatGPT nicht mehr widerstehen können und wollen. Gleichzeitig wird es aber auch einen Gegentrend geben, der menschlichere Inhalte wieder in den Fokus rückt. Wie siehst Du den Hype um Generative KI? Und hast Du mit Deinen Kundinnen und Kunden schon Gespräche darüber geführt?

Zukunft generative KI?

Annette Schwindt

Die Menschen, mit denen ich arbeite, sind meist nicht sehr technikaffin. Da wäre das Bedienen von ChatGPT und Co. in ihrer jetzigen Form eine zusätzliche Hürde. Außerdem bin ich selbst noch nicht so sehr überzeugt. Ich kann mir vorstellen, damit Recherchen abzukürzen oder Themenideen zu präzisieren, aber bisher ist mir der Aufwand, die richtigen Prompts zu finden, noch zu hoch. In der Zeit, die es kostet, mir die auszudenken, hab ich den Artikel schon selbst geschrieben und das mit einem persönlichen Twist, auf den die KI ohnehin nie gekommen wäre. 

Ich denke, für Menschen, die das Artikel-Schreiben nicht gelernt haben, oder generell wenig Gefühl fürs Schreiben haben, kann die KI die Arbeit erleichtern. So sehen die Texte dann aber auch aus. Mit einem Text, der mit Freude am Schreiben verfasst wurde, weil man etwas mitzuteilen hat, kann das nicht mithalten. Und selbst wenn es irgendwann besser wird, bleibt es dennoch Imitation. Das ist nicht das, was ich bei meiner Arbeit propagiere.

Ich habe allerdings leicht reden. Ich habe nicht nur wissenschaftliches Arbeiten, sondern auch die unterschiedlichsten Arten von Schreiben gelernt und praktiziere das seit ich denken kann. Durch meine journalistische Erfahrung weiß ich, wie man Themen in verschiedene Textformen bringen kann und wie man den Leser einbezieht. Und mir macht das auch noch Freude.

Redaktion durch Menschen

Für geschäftliche Blogs in größeren Unternehmen sollte man meines Erachtens auf jeden Fall eine professionelle Redaktion hinzuziehen, die Texte noch aufpoliert, bevor sie veröffentlicht werden. Am besten intern durch eine eigene Stelle oder gar Abteilung. 

Ich selbst arbeite nur mit Einzelpersonen, deren Texte ich redigiere oder in seltenen Fällen aus vorgegebenem Material für sie zusammenstelle, wenn ich ihr Thema gut genug kenne. Ich bin kein Texter und möchte auch keiner sein. 

Wie ist das bei Dir? Schreibst Du auch für andere, oder berätst Du ausschließlich in Sachen Aufbau und/oder Verbesserung von Unternehmens-Content und das dann in welcher Form?

Ganzheitliche Strategie

Falk Hedemann

Mein Schwerpunkt liegt seit einigen Jahren in der strategischen Content-Beratung. Das beginnt beim Aufbau neuer Content-Projekte, für die ich gemeinsam mit den Unternehmen eine strategische Ausrichtung entwickle. Und es geht bis hin zur Optimierung bestehender Content-Hubs, die noch nicht so funktionieren, wie sie sollen. In beiden Fällen gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Rollen, die ich einnehmen kann. Das hängt dann vor allem von den Anforderungen und Ressourcen meiner Kunden ab.

So habe ich im Laufe der Jahre an allen wichtigen Stellen des Content-Prozess-Kreislaufs gearbeitet und kenne die jeweiligen Herausforderungen der verschiedenen Rollen sehr gut. Und meiner Erfahrung nach ist es genau das, was in Unternehmen oft fehlt: der ganzheitliche Blick und die optimale Verknüpfung der verschiedenen Aufgabenbereiche.

Über den Tellerrand schauen

Für mich ist es extrem wichtig, dass jeder in einem Content-Team nicht nur seine eigenen Aufgaben perfekt beherrscht, sondern auch die Anforderungen der anderen Rollen genau kennt.

Wenn ich für die Erstellung von Inhalten verantwortlich bin, muss ich zum Beispiel die strategischen Grundlagen des Content Marketing kennen. Nur so kann ich Inhalte erstellen, die die Zielgruppe erreichen und die Ziele optimal unterstützen.

Wenn ich für das Themensetting verantwortlich bin, muss ich wissen, welche Aspekte für die Umsetzung wichtig sind. Sonst kann ich kein gutes Briefing schreiben. Und ohne gutes Briefing gibt es keinen guten Inhalt. Dies sind nur zwei kurze Beispiele für die wichtige Verknüpfung sehr unterschiedlicher Aufgaben in Content-Teams.

Arbeitsbereiche verknüpfen

Dieser so wichtige Wissenstransfer zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen ist für mich mittlerweile zu einer Profession geworden, der ich einen großen Teil meiner Arbeitszeit widme. Zu diesem Zweck haben Jan Tißler und ich das Magazin UPLOAD um die Content Academy erweitert. Hier bilden wir den gesamten Content-Prozesskreislauf ab und wollen Content-Schaffende ganzheitlich ausbilden. Zunächst als Selbstlernplattform, aber ich arbeite bereits sehr erfolgreich mit einem interdisziplinären Content-Team eines Unternehmens zusammen.

Das war in dieser Form nicht von Anfang an geplant, aber ich mag es grundsätzlich, wenn sich auf einem Weg neue Abzweigungen auftun und folge ihnen dann gerne. Im Grunde ist das der rote Faden meiner Selbstständigkeit: Ich habe eine ungefähre Richtung im Kopf, gehe los und schaue, wohin es mich führt.

Wie klar verfolgst du deinen Weg? Welchen Einfluss haben Zufälle auf Deine berufliche Entwicklung?

Kommunikation organisch entwickeln

Annette Schwindt

Ich weiß nicht, ob ich es Zufälle nennen würde. Aber auf jeden Fall Ungeplantes, das sich aber im Nachhinein als organische Entwicklung herausstellt. Das ist ja das Spannende am digitalen Kommunizieren – wenn man es richtig macht. Ganz gemäß meinem Motto „Es geht um Menschen und Gespräche“. Wenn ich etwas im Netz veröffentliche, also auch wenn ich blogge, dann möchte ich damit ein Gespräch anregen und das führt dann oft zu Dingen, die ich so gar nicht hätte vorausplanen können.

Zunächst lerne ich immer wieder neue Menschen kennen, die auf meine Beiträge reagieren. Ob via Kommentar, Privatnachricht oder Mail, oder indem sie etwas Eigenes daraus machen und bei sich posten und auf mich verweisen. Dadurch entstehen dann immer wieder neue Projekte, die meist nicht entstanden wären, wenn ich nicht online kommuniziert hätte. Dazu schreibe ich drüben auf annetteschwindt.digital übrigens gerade an einer Artikelserie. 

Menschen verbinden

Mir ist es wichtig, Menschen miteinander zu verbinden und mit ihnen Wissen auszutauschen. Darum ging es mal ursprünglich allen im Netz und ich erlebe immer wieder, dass das auch heute noch geht, wenn die richtigen Menschen zusammenkommen. Frei nach Johannes Korten: „Das Netz ist ein guter Ort, wenn wir es dazu machen.“ 

Was ich mir nur wünschen würde, wäre endlich mehr Medienkompetenz bei den Menschen. Vieles, was da an Negativem online passiert, kann sich nur deswegen verbreiten, weil die Menschen es – oft ohne es zu wollen – befördern. So verstehen heute viele nicht mehr, dass es kontraproduktiv ist, negativ über bestimmte Menschen oder Parteien zu posten. Den Algorithmen ist es schließlich egal, in welchem Zusammenhang jemand genannt wird. Sie zählen nur die Erwähnungen und Klicks dazu. Uns alten Bloggern war hingegen schon damals klar, dass es die größte Strafe in der digitalen Kommunikation darstellt, wenn man jemandem oder etwas keine Aufmerksamkeit gibt, also es nicht namentlich nennt oder damit interagiert. 

Was denkst Du? Kriegen wir im Netz nochmal die Kurve weg von Hate Speech und Fake News? Und was können wir Blogger dazu beitragen?

Algorithmen, Reicheite und Branding

Falk Hedemann

Ob wir nochmal die Kurve bekommen, kann ich nicht mal ansatzweise erahnen. Allein in der Zeit, in der wir uns kennen, sind so viele Dinge passiert und haben sich entwickelt, um es neutral auszudrücken, die wir damals in dieser Form nicht haben kommen sehen.

Ich finde Dein Motto „Es geht um Menschen und Gespräche“ toll, gerade weil ich weiß, wie Du es interpretierst und lebst. Aber wenn ich mit diesem Gedanken im Hinterkopf kurz bei LinkedIn vorbeischaue, dann sehe ich auch, wie andere agieren, die sicherlich auch denken, dass es ihnen um Menschen und Gespräche geht. Sie schreiben dort für den Algorithmus, für Reichweite, für Personal Branding, aber sicher nicht für Menschen und schon gar nicht für wertvolle und sinnstiftende Gespräche.

Wissen teilen

Ich habe jetzt länger darüber nachgedacht, was eigentlich mein Motto ist. Bewusst habe ich mir keines gegeben, aber wenn ich mein Handeln der letzten Jahre reflektiere, dann lautet mein Motto wohl in etwa: „Wissen verbindet“.

Auf Dich bin ich auch aufmerksam geworden, weil Du Dein Wissen geteilt hast. Und genau aus diesem Zusammenhang ist mein persönliches Netzwerk entstanden: Ich verbinde mich mit Menschen über Wissen – entweder als Wissensempfänger oder als Wissensträger. Und das war auch immer meine Motivation zum Bloggen. Ich wollte Wissen mit anderen teilen und im Idealfall erweitern. Früher ging das ganz einfach, indem man Blogbeiträge kommentierte oder mit einem Beitrag im eigenen Blog antwortete.

Als Nebeneffekt habe ich beim Schreiben viel gelernt. Es ist eine Sache, sich gedanklich mit einem Thema zu beschäftigen. Aber dieses Thema dann so aufzuschreiben, dass es andere verstehen können, ist eine ganz andere Sache. Dazu muss man Themen erst einmal selbst in der Tiefe verstehen, um sie dann mit eigenen Worten auf einer verständlichen Ebene darstellen zu können.

Ich fürchte, dass viele Menschen diesen Lerneffekt beim Schreiben über komplexe Themen heute nicht mehr erleben. Sie geben lieber einen Prompt in ein KI-Tool ein und lassen sich die Themen künstlich beschreiben. Ich verstehe, warum sie das tun, aber ich finde diese Entwicklung trotzdem sehr schade. Am Ende haben wir viele Menschen, die perfekt mit KI-Tools umgehen können, aber welches Wissen haben sie sonst noch?

Chancen in den Folgen von KI?

Dennoch sehe ich in Fake Content und dem, was uns die Generative KI bietet, eine Chance. Vielleicht ist es nur ein Wunschszenario, aber ich habe die Hoffnung, dass Menschen, Gespräche und das Teilen von Wissen wieder wichtiger werden, wenn Inhalte entmenschlicht werden. Denn jeder Trend hat einen Gegentrend. Dieser bleibt zwar meist deutlich kleiner, aber wenn wir ehrlich sind, war die Blogszene auch in ihrer Blütezeit eine Nische für uns Nerds.

Blogs wird es so lange geben, wie wir wollen. Sie werden zu Liebhaberobjekten, so wie Musik auf Vinyl in Zeiten des Streamings. Blogbeiträge haben jedenfalls das Zeug dazu, sich durch ihre persönliche Note von der Masse der Inhalte abzuheben. Vielleicht erinnern sich einige an Blogs und nutzen sie wieder mehr.

Das sehe ich als unseren Beitrag. Ob das reicht? Was meinst Du?

Blogs und in Kommerzmaschine

Annette Schwindt

Es wäre jedenfalls schön, wenn Blogs wieder dazu genutzt würden, Wissen zu teilen und Menschen zusammenzubringen. Und wenn man nur bloggen würde, weil man etwas zu sagen hat und nicht weil man meint, krampfhaft Content nach einem Redaktionsplan rausblasen zu müssen. 

Kürzlich habe ich ein LinkedIn-Posting gelesen, dass Blogs – mal wieder – tot seien, weil die Unternehmen sie nicht mit ihrem Marketing und den richtigen [hier bitte alle möglichen Buzzwords einfügen] verknüpft bekommen. Dass Unternehmen nur bloggen sollten, wenn sie über mehr als die eigenen Produkte berichten könnten. – Aber deswegen sind doch Blogs nicht tot?! Vielleicht sind sie nur nicht die richtige Kommunikationsform für manche Unternehmen. Aber es gibt doch noch so viel mehr Blogs als die von Unternehmen! 

Ist es nicht eher so, dass Blogs gar nicht für Unternehmen gedacht waren und sich hier nur dasselbe Kommerzialisierungs-Drama wie bei Social Media und dem Internet überhaupt abgespielt hat? So einen Satz vom Tod der Blogs kann man doch nur von sich geben, wenn man das Netz nur als vermeintliche Kommerzmaschine kennt. Mir wird da richtig übel. Ein Blog sollte der Kommunikation dienen, nicht dem Marketing. Nicht alles, was ein Unternehmen tut, muss außerdem zuerst dem Verkaufen dienen.

Zurück zu mehr Menschenverstand 

Ich blogge weiterhin nur, wenn ich was zu sagen habe, das mir selbst wichtig ist, oder von dem ich weiß, dass es meine Leser wissen wollen. Aber auch da nur dann, wenn ich es auch interessant finde. Und dabei geht es nicht ums Follower sammeln, sondern darum, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und die zu erreichen, die sich für dieselben Dinge interessieren wie ich. Das ist übrigens nicht nur online so, sondern ein Grundprinzip menschlicher Interaktion. 

Ich wünschte, die Leute würden mehr auf ihren gesunden Menschenverstand hören. Wann ist dieses Höher, Schneller, Weiter endlich Geschichte und wir können zurück zum Wir? 

Das Meme vom Tod des Blogs

Falk Hedemann

Wenn etwas für das Marketing eines Unternehmens nicht funktioniert, heißt das nicht automatisch, dass es insgesamt nicht funktioniert. Das war schon der Denkfehler bei der Unternehmenskommunikation über Facebook & Co und gilt auch für Blogs. Die Aussage „Blogs sind tot!“ würde ich fast schon als Meme bezeichnen und sie ist vielleicht sogar älter als die Blogs selbst.

Aber im Ernst: Ich beobachte eigentlich bei jeder Kommunikationsplattform die gleiche Entwicklung. Es beginnt mit großem Enthusiasmus, gepaart mit überzogenen Erwartungen, gefolgt vom Tal der Tränen, wenn sich diese nicht erfüllen und schließlich einem Nutzungsplateau auf niedrigem Niveau. Der klassische Hype-Zyklus.

Überzogene Erwartungen aus dem Marketing spielen dabei eine entscheidende Rolle. Blogbeiträge sollen für Unternehmen etwas leisten, was sie gar nicht leisten können. Ich frage meine Kunden deshalb immer zuerst, was sie mit ihren Inhalten erreichen wollen. Es ist erschreckend, wie einseitig die Antworten ausfallen. In erster Linie geht es ihnen um Aufmerksamkeit für ihre Produkte, um Kundengewinnung, um Umsatzsteigerung. Erst dann kommen die Ziele, um die es eigentlich in erster Linie gehen sollte: Eine interessierte Leserschaft aufbauen, informieren, beraten, unterhalten, der Marke ein Gesicht geben.

Mitreißende Elemente verloren gegangen

Generell hat das Bloggen die spielerischen, entdeckenden, teilenden und verbindenden Elemente verloren, die die Blogosphäre früher so attraktiv und mitreißend gemacht haben. Heute verteilt sich das auf die verschiedenen sozialen Netzwerke und Messenger. So sehr wir uns wünschen, dass es wieder anders wäre, es wird wohl nie wieder so sein, wie es einmal war.

Menschliche Kommunikation ist immer in Bewegung, verändert sich und bleibt dabei immer ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. So wie es innerhalb der Gesellschaft verschiedene Gruppierungen mit unterschiedlichen Interessen gibt, spiegelt sich dies auch in der Nutzung von Kommunikationsplattformen wider. Facebook, Instagram, neuerdings auch Threads, LinkedIn und eben Blogs haben alle ihre Nutzer:innen, nur dass die Blogs als Social Network der ersten Stunde mittlerweile nur noch eine Randerscheinung im Schatten der großen Netzwerke darstellen.

Mit ständigem Wandel umgehen

Ist das schlecht? Bedeutet das den Tod der Blogs?

Nein und nein. Auch andere Kommunikationsplattformen unterliegen dem Wandel und werden irgendwann mit neuen Herausforderern um die Gunst der Nutzerschaft kämpfen müssen. Vielleicht zeigen die Blogs ihnen heute schon ihre eigene Zukunft, weil sie ihren Höhepunkt schon viel früher hatten?

Unabhängig davon wird es immer Menschen geben, die sich nicht ständig auf die neuesten Trends stürzen, sondern einer Kommunikationsform treu bleiben, die ihnen am besten gefällt. Warum sollten das nicht Blogs sein?

Können und wollen wir das in irgendeiner Art und Weise positiv beeinflussen? Also: Bekommen wir wieder mehr Menschen zum Bloggen?

Hoffnung dezentrales Netz?

Annette Schwindt

Ich denke, je mehr die Leute von Social Media genervt werden, desto eher suchen sie nach Alternativen. Im Moment machen ja auch immer mehr eigene, personenbezogene Communities auf, was man als Renaissance der Forenkultur ansehen könnte. Nur dass diese sich über Blogs und Social Media hinweg weiterentwickelt haben. Der Trend geht jedenfalls gerade eindeutig zu dezentralen, moderierten Einheiten. 

Zum Bloggen selbst kriegen wir die Leute nur, wenn das Veröffentlichen dort genauso einfach und intuitiv wird wie in Social Media. Darum macht sich WordPress ja auch die ganze Arbeit mit der Umstellung auf Blöcke und der Integration des Activity Pub. Bis zur intuitiven Benutzbarkeit müssen sie allerdings noch ordentlich dran arbeiten… Es wird also definitiv nicht langweilig…

Was denkst Du, wie es weitergeht? Wir brauchen ja einen Anknüpfungspunkt, wenn wir in ein paar Jahren das nächste follow up zu diesem Gespräch schreiben. 😉 Hiermit überlasse ich Dir das Schlusswort und sage nochmal Danke, dass Du Dir die Zeit für dieses erneute Bloggespräch genommen hast.

Bleibt Kreativität menschlich?

Falk Hedemann

Es wird auf jeden Fall spannend. Ich mache mir wie viele andere, mit denen ich darüber diskutiere, Gedanken um die Einflüsse der Generativen KI. Ich würde mir wünschen, dass deren größten Stärken uns auch dabei helfen, wieder direkter mit anderen Menschen in den Austausch zu kommen. Zumindest momentan zählt Kreativität nicht zu deren Stärken, soass das Schreiben weiterhin unsere Aufgabe bleiben wird.

Natürlich können wir uns dabei sehr gut von ChatGPT & Co. unterstützen lassen, indem sie uns beispielsweise als Sparringspartner dienen und die Hürde des „weißen Blattes“ beiseite räumen. Oder denken wir an Mehrsprachigkeit: Warum sollten wir nicht eine Ki zur automatisierten Bereitstellung von Inhalten in vielen Sprachen einsetzen? Oder wie wäre es mit einer automatisch generierten Auswahl zum Text passender Bilder? Ich sehe es wie Du: WordPress muss einfacher werden und das geht mit der Hilfe von KI.

Das kann eine große Chance sein, die aber nicht alle nutzen werden. Eine große Renaissance der Blogosphäre (den Begriff kennen viele vermutlich gar nicht mehr) erwarte ich allerdings nicht. Ich will den Menschen gar nicht die Leidenschaft für ihre Themen absprechen, die es für das Bloggen unbedingt braucht. Aber die vielen Möglichkeiten, die uns heute zur Auswahl stehen, haben uns ein bisschen bequem gemacht. Wir erstellen kein eigenes Blog mehr, wenn wir unsere Gedanken ohne großen Aufwand beispielsweise bei LinkedIn posten können.

Dafür begeben wir uns in eine gefährliche Abhängigkeit. Die Anbieter bestimmen nach ihren eigenen ökonomischen Regeln, wie sich die Kommunikation auf ihren Plattformen entwickeln und entfalten darf. Bloggen dagegen wird immer freie Kommunikation bedeuten.

Wir sprechen uns in 2032

Wenn wir uns 2032 zum nächsten Bloggespräch verabreden, wird es immer noch Blogs geben. Die Inhalte kann ich dann vielleicht in der Sprache meiner Wahl lesen, hören oder sehen, obwohl wir nur einen Text geschrieben oder aufgenommen haben. Spätestens 2040 erwarte ich die Fertigstellung von Brain-to-Blog-Implantaten, mit denen wir unsere Gedanken in Echtzeit bloggen können.

Vielen Dank für die erneute Einladung – und die zukünftigen Bloggespräche 😉

Über meinen Gesprächspartner

Falk Hedemann

Falk Hedemann ist seit vielen Jahren Journalist und Blogger. Seine vielfältigen Content-Erfahrungen sind die Basis für sein Beratungsangebot im Bereich der digitalen Kommunikation. Zudem teilt er sein Wissen als Dozent und Mitgründer der UPLOAD Content Academy und Mitherausgeber des UPLOAD Magazins. Privat ist er leidenschaftlicher Hemerocallis-Züchter und Garten-Fan.

Foto von Falk: Falk Hedemann
Avatar von Annette: tutticonfetti

In meiner Rubrik „Bloggespräche“ unterhalte ich mich mit einem Gegenüber über ein frei gewähltes Thema wie in einem Mini-Briefwechsel. Wer auch mal so ein Gespräch mit mir führen möchte, findet alle nötigen Infos dazu unter https://www.annetteschwindt.de/bloggespraeche/ und kann sich von dort direkt bei mir melden.


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3 Antworten auf „Follow-Up: Über das Bloggen – Ein Bloggespräch mit Falk Hedemann“

Liebe Annette,
mit großem Interesse habe ich Euer Bloggespräch gelesen und bin um einiges schlauer geworden.
Ich schreibe ja meinen Lebensschatzkistenblog aus Leidenschaft zum Schreiben. Dass ich darüber schon etliche tolle, liebenswerte und mich inspirierende Menschen kennenlernen durfte ist ein großes Geschenk, für das ich sehr dankbar bin.
Dazu gehörst auch Du.
Aus Eurem Gespräch habe ich mir die Aussage von Falk notiert: „Blogbeiträge kommentieren und darauf mit einem eigenen Beitrag im eigenen Blog antworten.“ Das ist eine tolle Idee!
Mal schauen, an welchen Blogbeitrag ich anknüpfen kann.
Herzliche Grüße
Margaretha

Liebe Margaretha,
ja, so war das damals in der Blogosphäre. All die Werte, die wir hier predigen, waren damals ganz selbstverständlich. Es war nicht immer alles so kommerzverseucht wie heute… Umso wichtiger ist, dass wir uns unser eigenes Netz machen. Mit Menschen und Gesprächen und Blogartikeln, die geschrieben werden, weil man was zu sagen hat und nicht weil es in einem verkaufsoptimierten Redaktionsplan steht.

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