Grüße aus der Vergangenheit

„Das kann nur das Netz“, freute sich mein Mann Thomas kürzlich, als ich eine misteriöse Postsendung bekam, die sich als deutsche Ausgabe von „Le temps d’un soupir“ von Anne Philipe, einem meiner liebsten französischen Bücher entpuppte. Eine Mitarbeiterin des deutschen Verlages hatte den Titel im Vorfeld der deutschen Neuauflage gegoogelt und war auf meinen Artikel bei wasmitbuechern.de über meine Geschichte mit dem Buch gestoßen:

Mein Lieblingsfach in der Schule, das ich dann später auch studiert habe, war Französisch. Mein Lieblingsschauspieler war damals – sehr zum Entzücken meines Lehrers – Gérard Philipe. Und so stiftete mein Lehrer mich nicht nur dazu an, im Sommer 1990 an einem deutsch-französischen Schüleraustausch teilzunehmen, sondern empfahl mir auch noch „Le temps d’un soupir“ von Anne Philipe zu lesen. Beides mit nachhaltigen Folgen …

Dem Schüleraustausch verdanke ich die Begegnung mit R., in den ich mich rettungslos verliebte. Nachdem er mit seiner Gruppe im Sommer 1990 den Antrittsbesuch für den Austausch bei uns in Deutschland gemacht hatte, sollte der Gegenbesuch im folgenden Sommer stattfinden. Ein Jahr warten? Für eine frisch verliebte 18jährige absolut unmöglich. 😉 Also überredete ich einen Klassenkameraden, mit mir in den Weihnachtsferien schon dorthin zu fahren.

Inzwischen hatte ich auf Anraten meines Französischlehrers besagtes Büchlein von Anne Philipe, der Frau von Gérard Philippe gelesen. Darin führt sie Tagebuch über die letzten Wochen im Leben ihres Mannes, der bereits mit 36 Jahren an Krebs gestorben ist. Ein sehr emotionales Buch, das mich tief bewegt hat. Und so bat ich R., als wir im Winter an der Côte d’Azur zu Besuch waren, mich nach Ramatuelle (bei St.Tropez) zu fahren, um Gérard Philipes Grab zu besuchen. Seine Frau Anne war gerade im Jahr zuvor verstorben und im selben Grab beigesetzt worden. Das Grab hat nur einen schlichten weißen Stein mit den Namen der beiden und liegt auf einem Hügel über dem Meer …

Etwa zwei Jahre später verunglückte R. ganz in der Nähe mit dem Auto und es war lange nicht klar, ob er das überleben würde. Ich stand unter Schock. Da erinnerte ich mich an das Tagebuch von Anne Philipe und begann, mein eigenes zu schreiben. Das war vermutlich das einzige, was mich über diese furchtbaren Monate der Ungewissheit gerettet hat …

R. fand übrigens entgegen aller ärztlicher Voraussagen wieder zum Leben zurück und hat in den Gesprächen, die wir danach geführt haben, mein Leben für immer verändert. Wie und warum, das habe ich erst nach Jahren aufschreiben können.

Aufgrund dieser Zeilen dachte sich die Verlagsmitarbeiterin, ich hätte vielleicht Freude an der deutschen Ausgabe und schickte mir unbekannterweise eine zu. Und die hatte ich in der Tat. Ich war sehr gerührt!

Übrigens ist das auch nicht das ersten Mal, das mir sowas passiert ist. Ich hatte ja schon an anderer Stelle über ähnliche Erlebnisse berichtet. 😉

Disclaimer: Ich verdiene nichts an diesem Artikel und wurde weder vom Autor noch vom Verlag oder sonst jemandem dazu aufgefordert, ihn zu veröffentlichen. Wenn ich hier im Blog etwas empfehle, dann weil ich eine Geschichte dazu zu erzählen habe. Ich veröffentliche keine bezahlten Beiträge.


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Eine Antwort auf „Grüße aus der Vergangenheit“

Liebe Frau Schwindt,

der Betrag ist zwar schon ein paar Jahre alt, aber ich bin erst jetzt darauf gestoßen. Ich hatte leider keinen Französischunterricht in der Schule, aber schon immer ein großes Interesse an französischer Kultur (vor allem Kino, Theater und Literatur). Gérard Philipe „entdeckte“ ich aber erst vor anderthalb Jahren für mich, weil ich meiner Mutter, die als Kind für ihn schwärmte, ein Autogramm von ihm zum Geburtstag schenkte und mich so etwas mehr mit ihm beschäftigte. Leider werden seine Filme im Fernsehen kaum noch gezeigt, aber glücklicherweise sind sie fast alle auf DVD erschienen und ich hoffe, daß Arte ihm anläßlich seines hundertsten Geburtstages im November, einen Themenabend widmet. TV5Monde hoffentlich auch. Warum ich ihn mag und verehre (das Wort „schwärmen“ finde ich zu teenagerhaft und es trifft es auch nicht so recht), können Sie sich vermutlich denken.
Nun habe ich vor ca. einem Jahr angefangen Französisch zu lernen, u.a. mit Büchern über G.P. . „Nur einen Seufzer lang“, habe ich vor einiger Zeit auf in der deutschen Übersetzung gelesen und werde mir demnächst die Originalversion vornehmen. Ich habe noch einen solch großen, persönlichen Verlust erfahren, und daher lese ich das Buch vermutlich anders als Sie, aber ich fand es sehr berührend, sentimental ohne je peinlich und „gefühlsduselig“ zu sein. Ich habe mich auch mit der Biographie von Anne Philipe, die ja alles andere als eine typische „Promigattin“ war beschäftigt und empfinde
große Hochachtung vor ihr. Sie muß eine wirklich beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein, ihre Tochter betont in Interviews auch immer wieder, wie stolz sie auf beide Eltern ist.

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