Gschiggdes unn Griggdes

von Annette Schwindt

Vertretungen in der Kulturredaktion waren mein Liebstes während des Zeitungsvolontariats. Musik, Literatur, Kunst… alles, womit ich mich auch außerhalb der Arbeit gern beschäftigte. Und da es unter Künstlern allerlei kuriose Gestalten gibt, waren auch die Telefonate stets von besonderem Unterhaltungswert. Bis auf dieses eine, das ich wohl nie vergessen werde…

An diesem Tag war besonders viel los und mein Schreibtisch quoll über von Einladungen, Ankündigungen und Texten von freien Mitarbeitern. Da klingelte das Telefon. Am anderen Ende ein exilschwäbischer Kapellmeister, der in der Stadt ein klassisches Orchester leitete: „Händses griggd?“, begrüßte er mich, ohne zu sagen was „es“ denn nun war.
„Wissedse, I händ des Ehna nämmlich gschiggd“.
Äh… um was ging’s denn nun?
„A des Fax, des händ I Ehna gschiggd“, verkündete er verwundert, dass ich seine Gedanken nicht lesen konnte.“Händses griggd?“

Bevor ich ihm erklären konnte, dass in der Redaktion ständig hunderte von Faxen eingingen und ich seins noch nicht auf dem Tisch hatte, nötigte er mich schon „Gehnse, holedses! Dosch nämmlich ä Fäählor drin!“, erklärte er schuldbewusst. Also gut, ich ging und holte. Nun hatte ich es vor mir. Eine Ankündigung für ein Konzert. Wo war denn nun der Fehler?

„Ja, do sähedses?“, fragte er mich als ob er neben mir stünde und auf die Stelle zeigte. „Do im dridde Abschnidd, gell? Do dr zwaide Satz von unde…“
Ja…?
„Also do zwai Sätz vorher, doooo!“
Äh…ja?
„Sähedses?“
Nein!
„Do schdehd uns froien Sie in dr Schdaddhallee begrüßen zu dürfen, gell?“
Ja…? Und…?
„Sähedses?“
Jetzt kam’s: „Do fählt ä Komma!“

Nee jetzt oder? DESWEGEN rief er an? Ich bedankte mich freundlich, versuchte ihm aber zu erklären, dass er wegen solcher Dinge nicht anzurufen brauche, da alle eingehenden Texte von uns ohnehin nochmal redigiert würden.

„Jo, abr däs isch jo ned dr einzigä Fäählor do drinn“, rechtfertigte er sich ganz aufgebracht.
Okay… War da irgendeine Orts- oder Zeitangabe falsch, der Name eines ausländischen Künstlers falsch geschrieben?
„Ha noooi“, ärgerte er sich über mein hartnäckiges Unverständnis für seine ihm doch so glasklaren Gedanken. „Doo guggedse!“
Ich guckte brav.
„Doo, gell? Im leddschde Abschnitt, dr fünfde Satz von oba!“
… ja…?
„Do sähedses? Do schdehd: Där Eintritt ischt koschtenlos KOMMA wir bidden Sie abor um ainä Schbändä, händses?“
Ich hatte es und wies ihn darauf hin, dass dieses Komma da aber am rechten Platz war. „Ha noi, däs sold ä Schdrichpunggt wärre!“

Irgendwann hatte ich dieses Telefonat endlich hinter mich gebracht. Lange Zeit ließ der Herr nichts mehr von sich hören. Bis ich eines Tages wieder Vertretung in der Kulturredaktion machte und das Telefon klingelte…

„Händses griggt?“, fragte mich eine vertraute Stimme.
Oh nein, bitte nicht wieder das!
Diesmal hatte ich das Fax aber schon auf dem Tisch und war schon startklar für Kommata und Strichpunkte. Noch während ich den Text überflog, um herauszufinden, wo denn diesmal der „Fäählor“ sei, war mein Gegenüber schon im Auflegen begriffen und brummte noch zufrieden: „Hanoi, i hätt halt bloß wisse welled ob ses gridd händ.“

 

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